Vertretung und Assistenz

Ein Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit grundsätzlich persönlich in freier Praxis auszuüben. In definierten Ausnahmefällen (= Vertretungsgründe) kann er sich aber von einem anderen Arzt vertreten lassen. Es gibt dabei zwei Arten von Vertretungen:

a) Vertreter im Sinne des Vertragsarztrechts (§ 32 Ärzte-ZV) ist derjenige Arzt, der in Abwesenheit des Praxisinhabers in dessen Namen, an dessen Stelle und in dessen Praxis unter Verwendung dessen LANR/BSNR die vertragsärztliche Tätigkeit weiter ausübt.

b) Hiervon zu unterscheiden ist die sog. „kollegiale Vertretung“ nach dem Berufsrecht (§ 20 der Berufsordnung). Hier übernimmt ein Vertragsarzt, dessen Praxis in der näheren Umgebung ist, in seiner eigenen Praxis unter seiner LANR/BSNR die Behandlung der Patienten des abwesenden Vertragsarztes. Im Fall der kollegialen Vertretung erfolgt die Abrechnung auf dem Vertreterschein, dem Muster 19.

Ein Vertreter ist in ganztägiger Abwesenheit des zu Vertretenen tätig. Dem Vertretungsfall ist immanent, dass der Vertretene sich nicht zugleich mit dem Vertreter in der Praxis befindet oder gar daneben selbst tätig wird. Die Vertretung kann nicht stundenweise erfolgen (Landessozialgericht Niedersachsen/Bremen, Urteil vom 8. Juni 2007). Es wird zwischen genehmigungsfreier und genehmigungspflichtiger Vertretung unterschieden (siehe Punkt 3). Die Beschäftigung von Assistenten richtet sich ausschließlich nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV. Der Assistent wird vom Vertragsarzt angestellt, wohingegen eine Vertretung in der Regel freiberuflich erfolgt. Bei einem Antrag auf Vertretung sind im Antrag die Anzahl der zu vertretenden Tage anzugeben (z.B. drei Tage pro Woche), bei einem Antrag auf Assistenz die Wochenstunden (z. B. 15 Wochenstunden). Es wird zwischen Entlastungs- und Weiterbildungsassistenten unterschieden.

Die gesetzliche Regelung kennt zwei Vertretungskonstellationen: Die genehmigungsfreie nach § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV und die genehmigungspflichtige nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV.

a) Genehmigungsfrei: Vertretungen innerhalb von 12 Monaten bei Urlaub, Krankheit, Teilnahme an einer ärztlichen Fortbildung oder an einer Wehrübung für die Dauer von höchstens 3 Monaten sowie in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Entbindung für 12 Monate (§ 32 Abs. 1 Ärzte-ZV) sind genehmigungsfrei, jedoch anzeigepflichtig. Die in § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV genannten Vertretungsgründe sind abschließend.

Bei der Vertretung im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Entbindung reicht eine Kopie des Mutterpasses. Eine Kopie aus dem Mutterpass, woraus ersichtlich ist wann der errechnete Geburtstermin ist oder ein entsprechender Nachweis ist erforderlich.

b) Genehmigungspflichtig: Überschreitet die Dauer der Vertretung drei Monate, bedarf die Beschäftigung eines Vertreters der vorherigen Genehmigung der KV. Außerdem ist die Vertretung mit Genehmigung der KV während der Erziehung von Kindern bis zu einer Dauer von 36 Monaten oder während der Pflege eines pflegebedürftigen Angehörigen in häuslicher Umgebung bis zur Dauer von 6 Monaten möglich.

a) Erziehungszeiten bis zu 36 Monate

Die Beschäftigung des Vertreters ist während der Zeiten der Erziehung von Kindern bis zu einer Dauer von 36 Monaten pro Kind möglich, wobei dieser Zeitraum nicht zusammenhängend genommen werden muss und dies unabhängig vom Lebensalter des Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ist. Als Kinder gelten auch Stief- und Pflegekinder. Entscheidend ist das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt.

b) Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen bis zu 6 Monate

Der Begriff der Pflegebedürftigkeit bedarf des Nachweises eines Pflegegrades (1-5). Es spielt keine Rolle, ob der pflegebedürftige Angehörige eine eigene Wohnung hat oder mit dem Antragsteller in einem Haus lebt. Die Pflege des Angehörigen muss jedoch plausibel sein. Aus diesem Grund ist die Angabe des Pflegeortes erforderlich.

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass eine ärztliche Vertretung im Sinne des § 32 Zulassungsverordnung für Ärzte in einer Berufsausübungsgemeinschaft eine abhängige und somit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung darstellen kann, wenn dem Vertreter bestimmte Patienten weisungsgebunden zugewiesen werden und er im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem Praxispersonal bei kostenfreier Nutzung der Einrichtung und der Mittel der Berufsausübungsgemeinschaft in deren Arbeitsabläufe eingegliedert ist. Anders kann es sich nach Auffassung des Bundessozialgerichtes verhalten, wenn ein Arztvertreter für die Dauer seiner Tätigkeit die Stelle des Praxisinhabers einnimmt und zeitweilig selbst dessen Arbeitgeberfunktionen erfüllt (Urteil des BSG vom 19.10.2021 – B 12 R 1/21 R -).

Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist das Gesamtbild der Tätigkeit im jeweiligen Einzelfall. Für die rechtliche Einordnung darüber, ob eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit vorliegt, kommt es maßgeblich auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an. Bei etwaigen Anhörungs- oder Feststellungsschreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund bezüglich der Sozialversicherungspflicht der Vertretertätigkeit kann es ratsam sein, sich vorsorglich bei einem Fachanwalt beraten zu lassen.

Eine Vertretung bei genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen einschließlich der probatorischen Sitzungen ist gem. § 14 III BMV-Ä grundsätzlich unzulässig.

In Abweichung zu der oben genannten Vorschrift des § 14 Abs. 3 BMV-Ä gilt eine Ausnahme in Anlehnung an § 32 Ärzte-ZV in den begründeten Ausnahmefällen von unvorhersehbaren Erkrankungen, Schwangerschaft, planbaren operativen Eingriffen mit anschließender Reha sowie in dem zeitlichen Rahmen der Elternzeit für abhängig Beschäftigte. In diesen Fällen müssen die begonnenen Therapien jedoch abgebrochen und formell beendet werden. Der Vertreter hat sodann eine neue Genehmigung zur Fortsetzung der Therapie bei der zuständigen Krankenkasse zu beantragen. 

Therapeut und Vertreter müssen im gleichen Richtlinienverfahren tätig sein. Dies gilt auch für die Vertretung ärztlicher Psychotherapeuten.

Ein für bestimmte Leistungen gezielt ermächtigter Arzt hat umso mehr die Pflicht, die im Rahmen der Ermächtigung definierte vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben, kann sich aber – mit Ausnahme des speziellen Falles einer Ermächtigung zur Versorgung eines begrenzten Personenkreises - bei Krankheit, Urlaub, Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder Wehrübung innerhalb von 12 Monaten bis zu einer Dauer von 3 Monaten genehmigungsfrei durch einen Arzt gleichen Fachgebiets vertreten lassen. Eine darüberhinausgehende Vertretungsmöglichkeit ist allerdings nicht vorgesehen, in diesem Fall müsste die Ermächtigung beendet werden. Stellen Sie bitte in diesem Fall einen entsprechenden Antrag beim Zulassungsausschuss.

Gemäß § 20 Abs. 2 MBO-Ärzte kann die Praxis eines verstorbenen Arztes zugunsten der Angehörigen in der Regel bis zur Dauer von 6 Monaten nach dem Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Tod eingetreten ist, durch einen anderen Arzt fortgesetzt werden. Vertragsarztrechtlich endet die Zulassung mit dem Tod (§ 95 Abs. 7 Satz 1 SGB V), was mit Versorgungsproblemen einhergeht. § 4 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä sieht deshalb vor, dass die Kassenärztliche Vereinigung die Weiterführung der Praxis durch einen anderen Arzt bis zur Dauer von 2 Quartalen genehmigen kann. Die 6-Monats-Frist beginnt erst ab dem auf den Tod des Vertragsarztes folgenden Quartal zu laufen. Die Gnadenquartalsregelung gilt entsprechend für verstorbene Psychotherapeuten.

Die Weiterführung der Praxis kann formlos unter Angabe des Sterbedatums (ggf. Urkunde) und des Vertreters und unter Vorlage der entsprechenden Nachweise sowie Angabe des Bevollmächtigten und dessen Anschrift beantragt werden.

Ist das Anstellungsverhältnis beendet, gilt gem. § 32 b Abs. 6 S. 2 und 3 Ärzte-ZV Folgendes:

a) Dauer: Die Vertretung auf einer beendeten Anstellung ist für die Dauer von maximal 6 Monaten beginnend ab dem Beendigungsdatum möglich.  Eine Verlängerung dieses Zeitraumes ist nicht möglich. Da der 6-Monatszeitraum als Überbrückung für die Nachfolgezulassung gedacht ist, berechnet sich der Zeitraum nicht ab Beginn der Vertretung. Scheidet ein Angestellter bspw. mit dem 31.12. aus, so ist eine Vertretung nur bis zum 30.06. möglich, auch wenn erst zum 01.02. ein Vertreter benannt wird.

b) Genehmigung: Für die sechsmonatige Vertretung ist keine Genehmigung durch die KV Nordrhein erforderlich. Die Vertretung ist jedoch unter Angabe des Zeitraumes, Umfangs und namentlicher Benennung des Vertreters anzuzeigen.

c) Sonstige Voraussetzungen: Es ist zwingend ein Auszug aus dem Arztregister oder je eine beglaubigte Kopie der Approbations- und Facharzturkunde des Vertreters erforderlich. Eine interne Vertretung ist in dieser Fallkonstellation nicht möglich.

Die Beschäftigung einer Entlastungsassistenz richtet sich nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV und ist genehmigungspflichtig. Eine genehmigungsfreie Assistenz gibt es nicht. Die Genehmigung darf nicht der Vergrößerung des Praxisumfangs dienen. Folgende Gründe können für eine Assistenz in Frage kommen:

a) Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung

Der Begriff Sicherstellung der Versorgung bezieht sich auf die einzelne Vertragsarztpraxis. Gründe der Sicherstellung der Versorgung können eine längerfristige Erkrankung oder eine ehrenamtliche berufspolitische Tätigkeit sein. Bitten fügen Sie Ihrem Antrag die entsprechenden Nachweise bei.

b) Erziehungszeiten bis zu 36 Monate

Die Beschäftigung einer Assistenz ist während der Zeiten der Erziehung von Kindern bis zu einer Dauer von 36 Monaten pro Kind möglich, wobei dieser Zeitraum nicht zusammenhängend genommen werden muss und dies unabhängig vom Lebensalter des Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ist. Als Kinder gelten auch Stief- und Pflegekinder. Entscheidend ist das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt.

c) Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen

Der Begriff der Pflegebedürftigkeit bedarf des Nachweises eines Pflegegrades (1-5). Es spielt keine Rolle, ob der pflegebedürftige Angehörige eine eigene Wohnung hat oder mit dem Antragsteller in einem Haus lebt. Die Pflege des Angehörigen muss jedoch plausibel sein. Aus diesem Grund ist die Angabe des Pflegeortes erforderlich.

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass eine ärztliche Vertretung im Sinne des § 32 Zulassungsverordnung für Ärzte in einer Berufsausübungsgemeinschaft eine abhängige und somit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung darstellen kann, wenn dem Vertreter bestimmte Patienten weisungsgebunden zugewiesen werden und er im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem Praxispersonal bei kostenfreier Nutzung der Einrichtung und der Mittel der Berufsausübungsgemeinschaft in deren Arbeitsabläufe eingegliedert ist. Anders kann es sich nach Auffassung des Bundessozialgerichtes verhalten, wenn ein Arztvertreter für die Dauer seiner Tätigkeit die Stelle des Praxisinhabers einnimmt und zeitweilig selbst dessen Arbeitgeberfunktionen erfüllt (Urteil des BSG vom 19.10.2021 – B 12 R 1/21 R -).

Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist das Gesamtbild der Tätigkeit im jeweiligen Einzelfall. Für die rechtliche Einordnung darüber, ob eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit vorliegt, kommt es maßgeblich auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an. Bei etwaigen Anhörungs- oder Feststellungsschreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund bezüglich der Sozialversicherungspflicht der Vertretertätigkeit kann es ratsam sein, sich vorsorglich bei einem Fachanwalt beraten zu lassen
 

Egal, ob ein Arzt seine Praxis für einen langen Urlaub, eine kurze Mittagspause oder nach Praxisschluss schließt, er bzw. sein Vertreter muss in dringenden Fällen erreichbar sein. Bitte informieren Sie Ihre Patienten – neben einem Praxisaushang – auch mit einer Bandansage auf dem Anrufbeantworter konkret über Erreichbarkeit und Vertretung.

Wenn Sie Ihre Praxis schließen – sei es wegen eines „Brückentags“, eines längeren Urlaubs, bei Krankheit oder Fortbildung –, sollten Sie auf dem Anrufbeantworter zu Beginn das Datum nennen, an dem Sie wieder erreichbar sind. Nennen Sie bitte auch Namen, Adresse und Telefonnummer der Praxis, die Sie in Ihrer Abwesenheit vertritt. Dies sollte natürlich vorher mit der Praxis geklärt sein. Sprechen Sie alle Informationen langsam auf das Band und wiederholen Sie diese einmal, damit der Anrufer mitschreiben kann.

               Ein Mustertext könnte zum Beispiel wie folgt lauten:

„Guten Tag, Sie sind verbunden mit der (Fachrichtung) Praxis (Name) in (Ort). Wir sind zurzeit in Urlaub und ab (Datum) wieder für Sie da. Bis dahin wenden Sie sich bitte an unsere Vertretung (Name, Adresse, Telefonnummer). In lebensbedrohlichen Fällen rufen Sie bitte den Rettungsdienst unter der Nummer 112 an. Vielen Dank für Ihren Anruf.“

Doch nicht nur bei längerer Abwesenheit wie Urlaub, Krankheit oder Fortbildung müssen Sie die Patienten darüber informieren, wohin sie sich zum Zeitpunkt des Anrufs wenden können. Auch bei kürzerer Abwesenheit – etwa in der Mittagspause oder nach Praxisschluss – sollten Sie entsprechend informieren. Anbei zwei Beispiele:

Mittagspause:

„Guten Tag, Sie sind verbunden mit der (Fachrichtung) Praxis (Name) in (Ort). Wir sind ab (Uhrzeit) wieder für Sie da. In dringenden Fällen ist Herr/Frau Dr. (Name) telefonisch unter der Rufnummer (Handynummer/Privatnummer) in (Ort) zu erreichen. In lebensbedrohlichen Notfällen wenden Sie sich bitte an den Rettungsdienst unter der Rufnummer 112. Auf Wiederhören.“

Nach Praxisschluss während der Zeiten des organisierten ärztlichen Notdienstes:

„Guten Tag, Sie sind verbunden mit der (Fachrichtung) Praxis (Name) in (Ort). Leider rufen Sie außerhalb unserer Praxisöffnungszeiten an. Wenn Sie ein akutes gesundheitliches Problem haben, wenden Sie sich bitte an den ärztlichen Notdienst unter der Rufnummer 116117. Die Notdienstpraxen können direkt und ohne Termin aufgesucht werden. Weitere Informationen zum Notdienst finden Sie auch im Internet unter www.kvno.de. In lebensbedrohlichen Notfällen wenden Sie sich bitte an den Rettungsdienst unter der Rufnummer 112. Vielen Dank für Ihren Anruf. Auf Wiederhören.“