Vertrag Letzte Änderung: 02.03.2021, 08:07 Uhr

Komplementäre Notfallversorgung Köln

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein und die Integrierte Leitstelle der Berufsfeuerwehr der Stadt Köln haben ein Modellprojekt zur besseren Patientensteuerung im Notfalldienst gestartet. Ab sofort kooperieren die unter der 112 erreichbare Rettungsleitstelle der Stadt und der unter der 116117 erreichbare Notdienst der niedergelassenen Ärzte in Nordrhein bei der Bearbeitung der Patienten-Anrufe aus dem Stadtgebiet. Einzelheiten des Projektes wurden heute im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt.

Bereitschaftsdienst rund um die Uhr erreichbar

„Für Anrufer aus Köln ist der kassenärztliche Bereitschaftsdienst jetzt unter der 116117 telefonisch rund um die Uhr erreichbar – nicht wie bisher ‚nur‘ abends, nachts oder am Wochenende. Zudem können sich die Hotline und die Rettungsleitstelle bei Bedarf nun gegenseitig Anrufer durchstellen und diese dorthin lotsen, wo sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Beschwerden hingehören – also entweder in die ambulante oder stationäre Versorgung“, erläutert Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein. Ziel ist es, die Notfallversorgung effizienter zu gestalten und gleichzeitig den lokalen Rettungsdienst von so genannten „Bagatellfällen“ zu entlasten.

Darin sieht auch Professor Alexander Lechleuthner, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Stadt Köln, das große Potential der neuen Kooperation: „Wir realisieren eine Zusammenarbeit, die beide Seiten entlastet und die Notfallversorgung der Stadt weiter verbessert. Die jeweiligen Zuständigkeiten und Strukturen von Leitstelle und 116 117 bleiben dabei unangetastet, entscheidend ist die direkte technische und inhaltliche Vernetzung im Bedarfsfall."

Fehlinanspruchnahme der Notdienste

Wesentlicher Anlass für die Kooperation ist die seit Jahren allgemein steigende Inanspruchnahme des Not- und Rettungsdienstes. So ist die Zahl der ambulanten Behandlungsfälle im Notdienst im Rheinland seit 2010 um gut 300.000 Fälle auf zuletzt 2,7 Millionen Behandlungsfälle im Jahr gestiegen – etwa die Hälfte der Patienten nahm dafür die Ressourcen einer Krankenhausambulanz in Anspruch. Auch in Köln hat sich die Zahl der Patienten in den Notdienstpraxen im Stadtgebiet zwischen 2012 und 2017 deutlich erhöht – von knapp 89.000 auf über 112.000 Patienten pro Jahr.

„Der Anstieg beruht dabei auch auf der Zunahme an Bagatellfällen, also Patienten, die aus medizinischer Sicht keine akuten Notfälle sind, aber dennoch Rettungsleitstellen und Kliniken konsultieren. Diese Fehlentwicklung soll das Modellprojekt bremsen“, so KV-Chef Bergmann.

Vermittlung leichterer Beschwerden in „Partnerpraxen“

Sollte künftig bei einem Anrufer der 112 aus Köln keine lebensbedrohliche Situation vorliegen, die den Einsatz des Rettungsdienstes erforderlich macht, übergibt die Rettungsleitstelle den Anrufer an die 116 117. Die Hotline übernimmt dabei eine Lotsenfunktion: Außerhalb der Praxisöffnungszeiten vermittelt sie den Patienten entweder an eine umliegende ambulante Notdienstpraxis in Köln oder organisiert – wie bisher – einen ärztlichen Hausbesuch. Erfolgt der Anruf des Patienten während der regulären Praxisöffnungszeiten, also vor- oder nachmittags, vermittelt die 116117 den Patienten an eine geeignete Arztpraxis im Stadtgebiet. Im Falle bettlägeriger Patienten organisiert die 116117 den Transport zur Praxis.

Für diese Aufgabe konnten im Kölner Stadtgebiet bislang schon mehr als 30 sogenannte „Partnerpraxen“ gewonnen werden. „Sie sind ab sofort unsere Anlaufstellen, wenn ein Patient während der Praxisöffnungszeiten den Notdienst oder Rettungsdienst in Anspruch nimmt, obwohl er kein medizinischer Notfall ist“, sagt Dr. med. Jürgen Zastrow, Vorsitzender der KV-Kreisstelle Köln.

Die freiwillig am Modellprojekt teilnehmenden haus- und fachärztlichen Partnerpraxen stellen während ihrer Öffnungszeiten bestimmte Besuchskontingente für die über die 116117 vermittelten Patienten bereit. Zudem sind sie telefonisch ab 8 Uhr morgens und auch in den Mittagsstunden erreichbar. Die am Projekt teilnehmenden Partnerpraxen sind nahezu alle uneingeschränkt barrierefrei erreichbar und über das gesamte Stadtgebiet verteilt.

„Für uns als KV Nordrhein ist das Leitstellen-Projekt in Köln eine der Antworten, die wir auf die veränderte Lage in der Notfallversorgung geben. Ein wichtiger Versuch, alle Beteiligten zu entlasten und dabei den Patienten gerecht zu werden“, so Bergmann abschließend.

Für das Modellprojekt „Komplementäre Notfallversorgung“ ist eine Laufzeit von zwei Jahren vorgesehen. Das Projekt wird von der Technischen Universität Köln wissenschaftlich eng begleitet und evaluiert.