Letzte Änderung: 27.11.2010, 00:00 Uhr

Industrie darf nicht Partner von Versorgungsverträgen sein

Die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein hat sich in zwei Resolutionen für Änderungen des gerade vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) ausgesprochen.

Die erste Resolution spricht sich gegen die Öffnung der Integrierten Versorgung für die Hersteller von Arzneimitteln bzw. von Medizinprodukten aus. Damit verfüge die pharmazeutische Industrie künftig über die Möglichkeit, auf Verordnungs- und Therapieentscheidungen unmittelbar Einfluss zu nehmen.

Die VV befürchtet, dass sich diese Neuregelung des AMNOG als Einfallstor erweisen könnte, über welches die Industrie künftig in weiteren Vertrags- und Versorgungsformen eine unmittelbare Therapiekompetenz beansprucht.

Die Vertreterversammlung fordert den Gesetzgeber auf, seine Entscheidung für eine Öffnung der Integrierten Versorgung für Unternehmen der pharmazeutischen Industrie zu revidieren.

Bis dahin fordert die VV die Krankenkassen, die Ärzteschaft und die ärztlichen Verbände und Genossenschaften auf, keine IV-Verträge mit Unternehmen der Pharmazeutischen- und Medizinprodukteindustrie zu schließen.

In einer zweiten Resolution fordert die VV die Abschaffung der Richtgrößenprüfungen und Regresse bei den Arznei- und Heilmittelverordnungen. Sie seien ein untaugliches Instrument zur Steuerung ärztlicher Verordnungen.

Die Sorge vor Regressen werde von jungen Ärztinnen und Ärzten laut einer repräsentativen Befragung der Universität Trier als maßgebliche Begründung angeführt, weshalb sie nach Abschluss der Weiterbildung gegebenenfalls auf eine Niederlassung verzichten.

Die im Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) beschlossene Begrenzung von Regressen auf insgesamt EUR 25.000 für neue Praxen mildere das Drohpotenzial von Regressen keines­wegs. „Angesichts der wirtschaftlichen Situation insbesondere junger Praxen ist auch dieser Betrag Existenz bedrohend“, heißt es in der Resolution.

Die Vertreterversammlung fordert den Gesetzgeber auf, Richtgrößenprüfungen und Regresse als unzeitgemäße und repressive Instrumente der Verordnungssteuerung abzuschaffen.

Die Ärzteschaft müsse unverzüglich von der Preis- und Morbiditätsverantwortung in der Arzneimitteltherapie befreit werden. Die VV kritisiert nachdrücklich, dass diese Befreiung in den nun beschlossenen Reformgesetzen - entgegen den Ankündigungen der Regierungskoalition - nicht konsequent vollzogen wurde.

Ferner forderten die Delegierten ihre Kollegen auf, die ambulanten Kodierrichtlinien vorerst nicht anzuwenden.