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Vertrag Letzte Änderung: 18.06.2020, 15:23 Uhr
Schizophrenie-Vertrag
Fragen und Antworten
Patienten mit Schizophrenie in Nordrhein sollen künftig noch besser versorgt werden. Hierbei stellen wissenschaftlich anerkannte begleitende Therapieangebote sowie eine medikamentöse Langzeitbehandlung die zentralen Eckpfeiler dar: Denn mehr Wissen um Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten des Krankheitsbildes Schizophrenie fördert nachweislich die Bewältigungsstrategien und die Therapietreue bei den Betroffenen.
Eine über mehrere Jahre kontinuierliche, auf die individuelle Situation des Patienten abgestimmte Therapie kann das Risiko eines Krankheitsrezidivs um bis zu zwei Drittel verringern. Wir hoffen, dass durch den verstärkten Fokus auf begleitende nicht-medikamentöse Verfahren, die Therapie zukünftig noch weiter verbessert, die Rate an Krankheitsrückfällen zunehmend gesenkt und die Teilhabe der Patienten am sozialen und beruflichen Leben gefördert werden kann.
Versicherte der AOK Rheinland / Hamburg, die im vergangenen Jahr mindestens einmal aufgrund einer akuten Symptomatik stationär behandelt werden mussten, haben jetzt die Möglichkeit, sich in das Programm einzuschreiben und von den Maßnahmen zur Psychoedukation, Adherenceförderung sowie strukturierter Therapiezielplanung zu profitieren. Ihr behandelnder Arzt wird sie im Rahmen des Programms verstärkt in den Therapieprozess einbeziehen.
An der Vereinbarung können zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Fachärzte für Nervenheilkunde oder Psychiatrie und Psychotherapie teilnehmen, soweit sie gegenüber der KV Nordrhein eine Mindestfallzahl von 20 Patienten mit der Behandlungsdiagnose F20 innerhalb eines Quartals nachweisen. Die Teilnahme der Ärzte ist freiwillig, sie erhalten für die zusätzlich durchgeführten Maßnahmen eine angemessene Vergütung.
Die Fachärzte haben die Möglichkeit im ersten Jahr pro eingeschriebenem Patienten eine extrabudgetäre Vergütung von bis zu 200 Euro zu erzielen – also zusätzlich zu den Regelleistungsvolumen und den freien Leistungen. Der behandelnde Arzt erhält zunächst pro eingeschriebenem Patient einmalig zehn Euro zusätzlich. Für die Beteiligung an psychoedukativen Maßnahmen kann der Arzt pro Patient und Jahr bis zu 100 Euro abrechnen. Die aktive Einbeziehung des Patienten in den Behandlungsprozess wird mit bis zu 20 Euro pro Patient und Jahr honoriert. Die Förderung der Adhärenz wird mit bis zu 30 Euro pro Patient und Jahr vergütet. Für die Teilhabe orientierte Therapiezielplanung ist ein Erlös von bis zu 40 Euro pro Patient und Jahr vorgesehen.
Nein. Es ist nicht nötig, alle Module abzuarbeiten. Welche Module Sie nutzen, entscheiden Sie selbst.
Nein, solche Vorgaben gibt es nicht. Die Gruppenedukation ist einfach mit 20 Euro pro Quartal und Patient abrechenbar (Symbolnummer 92351 D)
Das Konzept richtet sich in erster Linie an Patienten, die aufgrund Ihrer schweren chronischen Erkrankung von niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten langfristig versorgt werden. Ziel ist es, die Möglichkeiten einer ambulante Versorgung zu verbessern und für Patienten belastende stationäre Aufenthalte zu reduzieren. Die einzelnen Bausteine des Konzeptes sind auch von namhaften Experten aus dem Klinikbereich mitentwickelt worden und können auch interessierten Kliniken zur Verfügung gestellt werden.
Das Krankheitsbild der Schizophrenie ist geprägt durch eine Manifestation der Erkrankung im frühen Erwachsenenalter und einen zumeist chronisch rezidivierenden Verlauf. Auftretende Krankheitsrückfälle erhöhen das Risiko für eine zunehmende Verschlechterung im Krankheitsverlauf und gehen zumeist mit belastenden Krankenhausaufenthalten einher. Eine früh einsetzende medikamentöse Behandlung und eine konsequent durchgeführte Rezidivprophylaxe sind essentielle Elemente für eine ganzheitliche leitliniengerechte Therapie.
Nein, Ärztinnen und Ärzte entscheiden weiterhin individuell über die medikamentöse Therapie. Das Versorgungskonzept beinhaltet im Wesentlichen Therapie begleitende nicht-medikamentöse Maßnahmen, die der Förderung einer kontinuierlichen Therapie dienen. Denn mehr Wissen um Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten des Krankheitsbildes Schizophrenie fördert nachweislich die Bewältigungsstrategien und die Therapietreue bei den Betroffenen.
Die Teilnahme an diesem Angebot ist freiwillig. Um zu überprüfen, ob das neue Versorgungsangebot den Patienten wirklich hilft, wird das Projekt durch Herrn Prof. Dr. Jürgen Wasem, Inhaber des Lehrstuhls für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen, wissenschaftlich begleitet. Über den Zeitraum von zwei Jahren wird verfolgt, ob sich durch den Einsatz dieses Versorgungskonzepts die Anzahl der Krankenhauseinweisungen und -aufenthalte der an Schizophrenie erkrankten Patienten in diesem Konzept medizinisch sinnvoll und patientengerecht reduzieren lässt.
Um den Nutzen der Vereinbarung zu ermitteln, müssen die vorliegenden Versorgungsdaten der Krankenkasse zum Krankheitsverlauf durch die Universität Duisburg-Essen ausgewertet werden. Die Versorgungsdaten werden für diejenigen Patienten, die ihre Teilnahme freiwillig erklärt haben, in pseudonymisierter Form von der AOK Rheinland/Hamburg an den Lehrstuhl für Medizin-Management der Universität Duisburg-Essen übermittelt. Es werden keine Namen, Adressen oder andere personenbezogenen Sozialdaten weitergegeben. Eine zusätzliche Dokumentation durch den behandelnden Arzt fällt nicht an. Die Universität erhält die Daten nur für die Auswertung dieses Projektes und verpflichtet sich, nach Bearbeitung alle Daten zu vernichten. Alle Grundsätze des Datenschutzes werden beachtet.
Das aus verschiedenen Bausteinen bestehende Therapiekonzept hilft den Betroffenen, mehr über die Erkrankung Schizophrenie zu erfahren und adäquat damit umzugehen. Einzelne Bausteine des Angebots bauen dabei aufeinander auf: Zunächst geht es um Wissen über die und Umgang mit der Erkrankung („Psychoedukation“).
Mit diesem Wissen können Patienten im Dialog mit ihrem Arzt über ihre Therapie mitentscheiden („Shared Decision Making“ = Partizipative Entscheidungsfindung). Diese gemeinsam getroffene Entscheidung stellt eine wichtige Grundlage dar, um die Behandlung konsequent und zuverlässig durchzuführen („Adherence“ = Therapietreue). Ergänzend bekommen Patienten eine Hilfestellung, um vor dem Hintergrund ihrer individuellen Lebenssituation eine langfristige Therapiezielplanung gemeinsam mit ihren behandelnden Ärzten vorzunehmen.
Psychoedukation
Wissen über ihre Erkrankung (Psychoedukation) hilft Patienten, verschiedene Behandlungsmöglichkeiten besser einzuschätzen, zu vergleichen und ihre Brauchbarkeit für die jeweilige persönliche Situation zu bewerten. Patienten werden zum Experten für ihre Erkrankung und es fällt ihnen leichter, eine notwendige Therapie langfristig durchzuhalten. Begleitend zur Psychoedukation im Einzelgespräch oder in der Gruppe bietet das Versorgungskonzept verschiedene Therapiebegleiter für Patienten und Angehörige wie regelmäßige Infobriefe für Patienten und Angehörige zu den wichtigsten Themen der Erkrankung. Darüber hinaus erhalten Patienten Checklisten zur Krisenbewältigung, die dabei helfen, persönliche Frühwarnzeichen für eine beginnende Krise zu erkennen und vereinbarte Maßnahmen zu ergreifen, um diese so früh wie möglich.
Shared Decision Making
Patienten sollten mitentscheiden können bei der Auswahl der für sie geeigneten Therapie. Das neue Versorgungsangebot in Nordrhein bietet Informationsbroschüren für Patienten und Therapeuten, die den Nutzen und den Wert einer gemeinsamen Therapieentscheidung aufzeigen. Sie erhalten Entscheidungshilfen, um mögliche Therapiealternativen besser beurteilen zu können. Ziel ist es, Patienten zu ermutigen, sich als Partner ihres Arztes zu verstehen und auf dieser Basis mit Verantwortung für die Behandlung ihrer Erkrankung zu übernehmen.
Adherence
Die gemeinsam mit dem Arzt vereinbarte Behandlung sollte konsequent und langfristig durchgeführt werden. Das neue nordrheinische Versorgungsangebot unterstützt Patienten, die eingeschlagene Therapie durchzuhalten. Es liefert hilfreiche Antworten auf Fragen wie: Welche speziellen Probleme können bei der Durchführung von Therapien auftreten? Wie können Patienten diese Hindernisse umgehen? Um eine optimale Therapietreue zu erzielen, ist eine langfristige Therapiebegleitung sehr wichtig.
Im Gegensatz zum passiven Befolgen ärztlicher Anweisungen schreibt der Begriff Adherence dem Patienten eine aktive Rolle in einem Behandlungsbündnis zwischen Patient und Arzt zu. Das neue Angebot hilft Ärzten zu erkennen, wie stark die Adherence der Patienten ist, zeigt Adherence fördernde Maßnahmen auf und stellt Ärzten praktische Hilfsmittel zur Durchführung langfristiger Behandlungen zur Verfügung.
Therapiezielplanung
Zur Therapiezielplanung sind die konkreten Auswirkungen der Erkrankung auf die persönlichen Lebensumstände von Patienten wichtig. Denn jede Alltagssituation ist anders, so dass ein und dasselbe Symptom den einen Menschen in seiner speziellen Lebenssituation schwer belasten kann, während es einen anderen kaum einschränkt. Um langfristig Therapien planen zu können, sollten Patienten mit ihrem Arzt die jeweiligen Auswirkungen der Krankheitssymptome auf das persönliche Lebensumfeld genau betrachten und die Therapieziele danach ausrichten. Das neue Versorgungsangebot unterstützt Arzt und Patient dabei.