Honorar Letzte Änderung: 29.06.2020, 10:04 Uhr

Berücksichtigung von individuellen Besonderheiten im RLV

Das Regelleistungsvolumen (RLV) einer Praxis bestimmt die KV Nordrhein nach den im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) festgelegten Rechenschritten. Aber nicht jede Praxisausrichtung und nicht jede Entwicklung lässt sich hierüber abbilden. Daher gibt es die Möglichkeiten, für die eigene Praxis eine Ausnahmeregelung bewilligt zu bekommen.

Härtefallregelungen im Zusammenhang mit Fallzahlen

Im Paragraphen 6 des HVMs ist unter dem Punkt Härtefallregelung erklärt, welche Ausnahmen es im Bereich der RLV-Fallzahlen gibt.

Diese Regelungen finden jedoch nur Anwendung, wenn Sie von der Fallzahlzuwachsbegrenzung betroffen sind, da nur dann die Vorjahresquartale zugrunde gelegt werden.

Im HVM ist klar geregelt, wann die Verhältnisse in einer Arztpraxis im Vergleich zur Arztgruppe soweit abweichen, dass eine Gleichbehandlung im Einzelfall nicht mehr hinnehmbar erscheint.

Diese Ausnahmen sind an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Liegen diese Voraussetzungen vor, erfolgt eine Abweichung, die ebenfalls im HVM festgelegt ist. Einen Ermessensspielraum gibt es hierbei nicht.

Grundsätze für die Härtefallregelung

Die erste Bedingung ist, dass ein Umstand eingetreten sein muss, den Sie nicht zu verantworten haben.

Zu den möglichen Situationen zählen unter anderem

  • Ihre eigene Erkrankung, die zur Arbeitsunfähigkeit führt,
  • eine schwere Erkrankung in Ihrem unmittelbaren familiären Umfeld,
  • der Ausfall eines medizinischen Gerätes, das zur Leistungserbringung nötig ist,
  • die krankheitsbedingte Vertretung eines Kollegen oder
  • die Aufgabe oder eine Verlegung einer Praxis in Ihrem Umfeld.

20-Prozent-Kriterium

Die zweite Bedingung für die Anerkennung einer Härtefallregelung ist, dass das sogenannte 20-Prozent-Kriterium erfüllt ist. Das bedeutet, dass die Fallzahländerung mindestens 20 Prozent betragen muss.

Zwei Beispiele

  • Aufgrund Ihrer Erkrankung im 4. Quartal 2018 haben Sie deutlich weniger Fälle als in den Vorjahresquartalen abgerechnet. Bei der Berechnung des RLVs würden somit im Falle einer Fallzahlzuwachsbegrenzung im 4. Quartal 2019 weniger Fälle berücksichtigt, als für Sie in einem 4. Quartal üblich. Ist Ihre Fallzahl im 4. Quartal 2018 um 20 Prozent geringer als im 4. Quartal 2017, können Sie beantragen, dass Ihre Fallzahlen bis zur aktuellen Fallzahl des aktuellen Quartals (hier 4/2019) angehoben werden.
  • Durch die Aufgabe oder Verlegung einer Praxis in Ihrem Umfeld sind Ihre Fallzahlen um 20 Prozent gestiegen. In diesem Fall würden die aktuellen Fallzahlen bei der Berechnung des RLV zugrunde gelegt.

Ausnahme zum sogenannten 20-Prozent-Kriterium

Das sogenannte 20-Prozent-Kriterium findet keine Anwendung, wenn

  • es sich um eine schwerwiegende und lang anhaltende Erkrankung handelt oder
  • wenn bei Aufgabe oder Verlegung einer Praxis im Umfeld, aufgrund besonderer Umstände das 20-Prozent-Kriterium nicht eingehalten werden kann.

Dies müsste Ihrerseits besonders begründet und dargelegt werden.

Antragstellung

Eine Antragstellung ist nur statthaft, wenn im aktuellen Quartal eine Fallzahlzuwachsbegrenzung erfolgt. Ein Antrag kann dann gestellt werden, sobald die Abrechnungsergebnisse des Quartals vorliegen, in dem der Antrag wirken soll.

Alle Anträge können formlos an die Honorarabteilung der Hauptstelle gestellt werden.

Praxisbesonderheit: Die Voraussetzungen für einen Fallwertzuschlag

Der RLV-Fallwert stellt eine Durchschnittsbetrachtung aller Ärzte einer Arztgruppe dar. Individuelle Besonderheiten bleiben dabei unberücksichtigt und werden daher in der RLV/QZV-Systematik nicht ausreichend abgebildet. Deshalb gibt es die Möglichkeit, eine Praxisbesonderheit zu beantragen. Im Einzelfall kann dann eine Anpassung des Fallwertes (Fallwertzuschlag) gewährt werden.

Auch hier gibt es im HVM unter Paragraph 6a festgeschriebene und messbare Kriterien, die erfüllt sein müssen, um eine Praxisbesonderheit beziehungsweise einen Fallwertzuschlag bewilligt zu bekommen:

Der geltend gemachte Spezialisierungsbereich beträgt in vier aufeinanderfolgenden Quartalen 20 Prozent am Gesamtleistungsbedarf der Praxis
und
arztgruppenübliche Leistungen müssen um 500 Prozent im Vergleich zur Fachgruppe überschritten sein
oder
es handelt sich um sogenannte atypische Leistungen, das heißt, arztgruppenübergreifende Leistungen, die einer speziellen Qualifikation und Ausstattung bedürfen.    

Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, wird anhand der Abrechnungsergebnisse ein Fallwertzuschlag wie folgt berechnet:

Der Leistungsbedarf, der oberhalb der Fachgruppe abgerechnet wird, wird mit dem durchschnittlichen Punktwert bewertet. Das Ergebnis, geteilt durch die Anzahl der RLV-relevanten Fälle, ergibt den jeweiligen Fallwertzuschlag.

Antragsfristen

Es gelten keine Fristen. Allerdings kann die Anerkennung eines Fallwertzuschlages immer nur ab Antragstellung und niemals rückwirkend erfolgen. Über den Fallwertzuschlag wird für vier Quartale entschieden. Danach ist ein erneuter Antrag möglich.

Auch hier kann der Antrag formlos an die Honorarabteilung der Hauptstelle gestellt werden.