MFA Letzte Änderung: 28.06.2022 16:12 Uhr

„Ich nehme gern Herausforderungen an“

Petra Fiest hält ihrer Praxis in Bad Honnef bei Bonn seit vielen Jahren als MFA die Treue. Warum das so ist und was sie immer wieder neu motiviert, erzählt sie im Interview mit MFA aktuell.

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© privat

Frau Fiest, wie lange arbeiten Sie schon als MFA?

Seit ziemlich genau 30 Jahren. 1989 habe ich meine Ausbildung zur Arzthelferin in einer Einzelpraxis auf dem Land angefangen. Damals hieß die Ausbildung noch so, seit 2006 sagt man Medizinische Fachangestellte.  Nach Abschluss der Ausbildung bin ich in der Praxis geblieben. Zehn Jahre später ging der damalige Chef in Rente und zwei Ärzte haben die Praxis übernommen, inklusive meiner Kollegin und mir. Vor zehn Jahren hat sich die Praxis noch einmal deutlich vergrößert. Von 120 Quadratmetern sind wir auf 240 Quadratmeter umgezogen und sind mittlerweile sechs Ärzte und zehn MFA.

Das klingt nach viel Abwechslung.

Ja, und genau deshalb habe ich auch nicht das Gefühl, seit 30 Jahren den gleichen Job zu machen.

Was motiviert Sie an Ihrer Arbeit?

Ich bin neugierig und nehme gern Herausforderungen an. Das nennt man intrinsische Motivation, wie ich bei der Weiterbildung zur Fachwirtin für ambulante Versorgung gelernt habe. Es gibt auch Menschen, die Probleme mit Veränderungen haben und dies als Stress empfinden. Aber bei mir ist es genau das Gegenteil.

Welche Rolle spielt Geld für Ihre Motivation?

Natürlich ist ein angemessenes Gehalt für die Arbeit und das Engagement im Beruf wichtig, aber die persönliche Weiterentwicklung und Umsetzung eigener Ideen ist mindestens genauso wichtig. Die Wertschätzung eines Chefs drückt sich nicht allein im Gehalt aus.

Haben Sie Beispiele dafür?

Einmal war ein Vertreter von doctolib bei uns in der Praxis und hat das System zur Online-Terminbuchung vorgestellt. Ich war sofort begeistert davon, weil ich von einer Online-Terminvergabe sowohl für uns als Praxis als auch für die Patienten Vorteile gesehen habe. Meine Chefs waren zunächst etwas skeptisch, meinten aber, dass ich mir das mal genauer anschauen solle und wir das System vielleicht testen könnten – inzwischen hat es alle überzeugt und wir haben es in der Praxis etabliert. Im Zuge der Terminvergabe für Corona-Impfungen ist es jetzt eine große Hilfe für Praxis und Patienten. Eine Win-Win-Situation sozusagen. Ein anderes Beispiel ist die Möglichkeit zum Homeoffice.

Homeoffice als MFA? Wie geht das?

Viele denken, als MFA muss man immer in der Praxis sein. Das gilt aber nicht für alle Tätigkeiten. Es gibt viel Büroarbeit, die man gut von zu Hause aus erledigen kann, zum Beispiel Qualitätsmanagement oder die Lehrpläne für Auszubildende schreiben. Das gehört auch zu meinen Aufgaben. Als Mutter von drei Kindern ist die Möglichkeit zum Homeoffice für mich perfekt, weil ich Beruf und Familie so noch besser unter einen Hut bekomme. Und das trägt wiederum zu mehr Zufriedenheit und Freude an der Arbeit bei.

Eine MFA misst einer Patientin den Blutdruck.
© milanmarkovic78 | Adobe Stock
Die Arbeitsbelastung von MFA hat in der Pandemie deutlich zugenommen.

Aber Sie sind ja auch in der Praxis, und die Belastung hat gerade durch die Pandemie für MFA stark zugenommen. Viele Patienten sind oft ungeduldig oder schneller aufgebracht. Stört Sie das nicht?

Ich nehme das nicht persönlich. Und ich glaube, das ist ganz wichtig für das eigene Stressempfinden. Das hat aber sicher auch etwas mit der Einstellung zu tun. Oder es liegt daran, dass ich durch meine Kinder die Zeit vor und nach dem Praxisalltag oft als viel stressiger erlebe und die Zeit in der Praxis dann eher ruhiger.

Sie haben schon die persönliche Weiterentwicklung angesprochen, die Sie in Ihrem Beruf motiviert. Welche Möglichkeiten haben MFA, sich weiterzuentwickeln?

Man kann sich immer fortbilden. Ich mache zum Beispiel aktuell eine Fortbildung zur Praxismanagerin. Eine Auffrischung der Fachwirtin für ambulante Versorgung gibt es leider nicht. Deshalb habe ich mich für das Praxismanagement entschieden. Außerdem bin ich im Prüfungsausschuss für MFA tätig und auch dadurch bleibe ich immer im Austausch mit Kolleginnen.   Ich habe auch schon zusammen mit Kolleginnen eigene Konzepte für Fortbildungen geschrieben und diese der KV angeboten. So haben wir dann Fortbildungen für MFA in der KV durchgeführt, zum Beispiel zur Diagnosekodierung. Wenn man selbst in der Praxis arbeitet, weiß man, in welchen Bereichen häufig Fragen auftauchen und zu welchen Themen Fortbildungen sinnvoll sind. Es gibt als MFA also auch Möglichkeiten, sich außerhalb der Praxis zu engagieren. Wichtig ist außerdem, auf die Schwerpunkte der Praxis zu schauen und zu überlegen, welche Mitarbeiterinnen welche Stärken haben und sich gezielt fortbilden können. Wir sind zum Beispiel Ausbildungspraxis der Uni Bonn und meine Chefs unterstützen die Weiterbildung ihres Teams sehr. Deshalb haben wir in unserer Praxis auch noch eine Wundmanagerin und eine Entlastende Versorgungsassistentin (EVA).

Sollten MFA Weiterbildungen bei ihren Chefs einfordern?

Unbedingt. Gerade in diesen Zeiten des Fachkräftemangels haben MFA gute Chancen, sich fortzubilden und dann auch ein entsprechendes Gehalt einzufordern. MFA sollten wissen, was man sich wert ist. Und die Chefs sollten wissen, was sie an ihren Mitarbeiterinnen haben. Letztendlich ist es ein Zusammenspiel aus dem Engagement der Mitarbeiterinnen und der Wertschätzung der Arbeitgeber. Und natürlich gegenseitiges Vertrauen – das ist ganz wichtig! Dann macht die Arbeit allen Spaß.

Herzlichen Dank für das Gespräch Frau Fiest!

 

Das Gespräch führte Simone Heimann.