IT KVNO aktuell Letzte Änderung: 27.03.2024 14:17 Uhr Lesezeit: 6 Minuten

ePA auf einen Blick: Was kommt ab 2025 auf Praxen zu?

Im Februar 2024 hat die Bundesregierung die elektronische Patientenakte (ePA) für alle verabschiedet. Ab dem 15. Januar 2025 werden die Krankenkassen den Patientinnen und Patienten eine neue ePA zur Verfügung stellen.

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© Mladen | AdobeStock
ePA per App: Die Krankenkassen müssen ihren Versicherten die mobile Anwendung zur Verfügung stellen.

Es gilt die sogenannte Opt-out-Regelung: Nur wer aktiv widerspricht, erhält keine elektronische Akte. Wir geben einen kompakten Überblick über die Vorgaben des Gesetzgebers sowie den aktuellen Stand der Planungen für deren konkrete Umsetzung.

Die ePA gibt es schon seit Januar 2021. Genutzt hat diese digitale Anwendung indes kaum jemand, lediglich ein Prozent der Versicherten besitzt eine, die tatsächlichen Nutzungszahlen sind noch geringer. Mögliche Gründe: hohe Hürden bei der Beantragung und dem Zugang zur Akte, unzureichende Nutzbarkeit im Praxisalltag, fehlende Funktionalitäten. Das soll ab dem kommenden Jahr anders werden. Für die Systemhersteller bedeutet das in den kommenden Wochen und Monaten jede Menge Arbeit, denn die Umsetzung geht mit vielerlei technischen Änderungen und neuen Anforderungen einher. Wegen dieser engen Zeitfenster werden sich daher Details zur Einführung und initial implementierten Funktionalitäten noch ändern.

Grundlage für die ePA 3.0 sind das Digital-Gesetz (DigiG) sowie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG), welche die Bundesregierung im Februar 2024 verabschiedete. Durch die Opt-out-Regelung erhofft sich der Gesetzgeber, dass die digitale Patientenakte künftig flächendeckend von Patientinnen und Patienten genutzt wird, passiv und aktiv. Denn nur wer aktiv widerspricht, erhält keine ePA. Die Befüllung der Akten wird, soweit dies im Praxisverwaltungssystem (PVS) möglich ist, mit einem Klick, ohne viel Mehraufwand erfolgen. In den jeweiligen Behandlungskontexten werden dann sukzessive Daten in die Akten abgelegt, beispielsweise E-Rezepte und die eAU. Mithilfe der ePA soll der Informationsaustausch verbessert werden, sodass die Akteure schneller und flexibler über den Patienten oder die Patientin Bescheid wissen und unter anderem Doppelbehandlungen verhindert werden können. Da es sich um eine Patientenakte handelt, entscheiden die Versicherten, ob und welche Informationen sie in der ePA vorhalten und wem und in welchem Kontext sie diese Daten zur Verfügung stellen möchten.

Befüllung durch Niedergelassene

Was kommt also auf die Praxen zu, wenn die ePA Mitte Januar 2025 verpflichtend eingeführt wird? Niedergelassene, aber unter anderem auch Krankenhäuser sowie Zahnärztinnen und -ärzte, Apothekerinnen und Apotheker sind dann gesetzlich verpflichtet, bestimmte Daten in die ePA einzupflegen, sofern Versicherte dem nicht widersprechen. Dies sind im ersten Schritt Daten, die im Rahmen der konkreten aktuellen Behandlung erhoben (Stand 15. März 2024):

  • Befunddaten aus bildgebender Diagnostik
  • Befundberichte aus Maßnahmen
  • elektronische Arztbriefe
  • Laborbefunde (auch als PDF)

Zu einem späteren Zeitpunkt sollen noch folgende Daten verpflichtend eingepflegt werden:

  • Daten zur Unterstützung des Medikationsprozesses zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS)
  • Daten des elektronischen Medikationsplans als MIO
  • elektronische Patientenkurzakte als MIO
  • Laborbefunde als MIO
  • Daten zu Hinweisen und zum Aufbewahrungsort von
  • Erklärungen zu Organ- und Gewebespenden sowie
  • Vorsorge- und Patientenvollmachten als MIO
  • Daten zu Erklärungen zur Organ- und Gewebespende als MIO

Befüllung auf Patientenwunsch

Es gibt zudem Daten, die Niedergelassene auf Patientenwunsch perspektivisch einpflegen müssen. Voraussetzung auch hierbei: Die Daten wurden in der konkreten aktuellen Behandlung durch Ärztinnen, Ärzte, Psychotherapeutinnen und - therapeuten erhoben und elektronisch verarbeitet. Zu diesen optionalen Daten gehören dann:

  • elektronische Patientenkurzakte
  • Daten zur pflegerischen Versorgung
  • AU-Bescheinigungen
  • Daten aus DMP-Programmen
  • Daten zu Heilbehandlungen und Reha-Maßnahmen
  • Daten zu Erklärungen zur Organ- und Gewebespende
  • elektronische Abschriften der von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten geführten Patientenakte

Besondere Informationspflichten gelten bei Daten, die eine stigmatisierende Wirkung haben können. Hierauf müssen Patientinnen und Patienten hingewiesen werden. Diese Absprache zum Einstellen oder Nichteinstellen treffen die Praxen in gemeinsamer Abwägung mit Patientinnen und Patienten. Für das Einstellen von Genom-Informationen bedarf es zusätzlich einer schriftlichen Einwilligung.

Nach dem Einstecken der eGK erhält eine Praxis für 90 Tage Zugriff (Standardeinstellung) auf die ePA der Versicherten. Eine PIN-Eingabe oder spezifische Berechtigung durch die Versicherten wird nicht nötig sein. Patientinnen und Patienten können diese Zugriffsberechtigung praxisspezifisch verlängern und verkürzen.
Eine erste relevante Mehrwertfunktion für den Praxisalltag ist die so genannte Medikationsliste, die in der Praxis künftig im PVS angezeigt wird. Diese Liste wird automatisch auf dem Server der gematik erzeugt und beinhaltet eine Übersicht der elektronisch verordneten Medikamente, des Verordnenden und des Dispersionsdatums. Hier können Patientinnen und Patienten nicht einzelnen Einträgen widersprechen, sondern nur der gesamten Listendarstellung. Sollen einzelne Einträge vermieden werden, bleibt nur der Wechsel auf das analoge Rezept (Muster 16).

 

 

MIO strukturiert Daten

Medizinische Informationsobjekte (MIO) sind strukturierte, interoperable Datensätze, die von den IT-Systemen als eindeutiger Wert „verstanden“ werden können. Anders als in den bisherigen Sammlungen unstrukturierter Dateien, beispielsweise in Form einer PDF, können dann IT-Systeme im gesamten Gesundheitswesen diese Daten auslesen und sie dem Behandelnden oder weiteren Nutzenden direkt im passenden Kontext zur Verfügung stellen. Eine Diagnose und ein Laborwert werden dann zum Beispiel als solche erkannt und zugeordnet. MIO sind standardisierte Bündel solcher Daten, die bestimmte Anwendungsfälle abdecken, etwa den eMutterpass oder das eU-Heft. Die Informationsobjekte werden von der mio42 GmbH, einer KBV-Tochter, in Zusammenarbeit mit den Fachleuten und –gruppen erstellt.

ePA-Hoheit liegt beim Versicherten

Die Versicherten haben die Hoheit über die Akte und die darin enthaltenen Daten. Mittels der von Krankenkassen zur Verfügung gestellten ePA-App können sie Informationen wie Gesundheits- und Fitnessdaten speichern, die mit sogenannten Wearables, zum Beispiel Fitness-Trackern, erfasst werden. Versicherte können die Einsicht in Informationen vielfältig beschränken: Sie können Zugriffsrechte für Behandelnde einschränken, zeitlich limitieren, einzelne Inhalte verbergen, aber auch uneingeschränkten Zugriff erlauben – zeitlich und im Nutzungsumfang. Patientinnen und Patienten können sogar Daten komplett löschen.

Einen Widerspruch gegen das Einstellen einzelner Informationen aus dem aktuellen Behandlungskontext können Patientinnen und Patienten auch im Arzt-Patienten-Kontakt aussprechen. Ein praktikabler Weg wird künftig sicherlich sein, im Dialog zu klären, ob und welche Daten der Versicherte in die ePA eingetragen haben möchte. Ein kurzer Vermerk im PVS reicht zur Dokumentation eines eventuellen Widerspruches aus. Haben Versicherte keine elektronischen Zugangsmöglichkeiten, können sie sowohl das ePA-Management als auch den Widerspruch über Ombudsstellen bei den Krankenkassen regeln.
Auch Krankenkassen speisen Daten zu in Anspruch genommenen Leistungen in der ePA ein, beispielsweise Diagnosecodes, die Ärztinnen, Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten in ihrer Abrechnung angeben. Sie sind aber vor allem per Gesetz dazu verpflichtet, ihre Versicherten voll umfänglich über die Vorteile, die Benutzung, aber auch die „Risiken und Nebenwirkungen“ zu informieren. Dies gehört nicht in die Praxis oder den Behandlungskontext. Dennoch wird es nicht ausbleiben, dass auch Niedergelassene im Dialog mit den Patientinnen und Patienten über die Speicherung von Daten (aus dem Behandlungskontext) sprechen. Apotheken erhalten ebenfalls Zugriff auf die ePA, um Medikationsdaten abgegebener frei verkäuflicher Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel einzupflegen (unter anderem Medikationspläne). Apotheken sollen den Versicherten beratend zur Seite stehen und bei der Benutzung assistieren können.

Wie geht es nun weiter?

Die zeitliche Dimensionierung, die das Bundesgesundheitsministerium den verschiedenen Software-Dienstleistenden für die Umsetzung der neuen Anforderungen abverlangt, ist aus Sicht der KVNO-IT-Expertinnen und –Experten sehr ambitioniert. Die kommenden Monate müssen nun zeigen, wie der Plan des Gesetzgebers aufgeht und ob alle Praxen rechtzeitig ePA-ready sein werden. Die KV Nordrhein wird die Praxen im Rheinland auf dem Weg zu Implementierung der ePA bestmöglich begleiten und über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

  • Bernhard Acke, Dr. Thorsten Hagemann, Jana Meyer

Einpflegen alter Arztbriefe und Befunde Pflicht der Krankenkassen

Für das Einpflegen alter (papierner) Arztbriefe und Befunde sind nicht die Praxen zuständig, sondern die Krankenkassen. Versicherte haben mit der neuen ePA ab 2025 einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass ihre Krankenkasse für sie zweimal innerhalb von 24 Monaten jeweils bis zu zehn Dokumente digitalisiert und in ihrer ePA hinterlegt.