IT Praxisinformation Letzte Änderung: 30.06.2023 00:10 Uhr Lesezeit: 3 Minuten

TI-Finanzierung ab 1. Juli über Monatspauschale

Nachdem die Verhandlungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) mit dem GKV-Spitzenverband über die zukünftige Finanzierung der Telematikinfrastruktur (TI) im April ergebnislos beendet wurden (vgl. KVNO-Praxisinformation vom 26. April 2023), hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nun drei Tage vor Ablauf der Frist per Anschreiben an die Verhandlungspartner seine Festlegungen zu den ab 1. Juli geltenden TI-Pauschalen mitgeteilt.

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© Stockfotos-MG | Adobe Stock

Es kommt damit der Anforderung aus dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz nach, wonach die bisherige Einzelerstattungspraxis bei der TI-Finanzierung zum 1. Juli durch ein System monatlicher Pauschalen ersetzt wird.

Die Höhe der TI-Pauschale berechnet sich nach Angaben des BMG aus der Summe der monatlichen Betriebskosten und der anteiligen Investitionskosten pro Monat, also z. B. für den KIM-Anschluss, die Nutzung von Diensten zur Erstellung von eAU und eRezept oder die Praxiskarte SMC-B. Außerdem sind die Größe der Praxis und der Zeitpunkt der Ausstattung mit Konnektoren, Kartenlesegeräten und anderen Komponenten maßgeblich. Bei den einzelnen Komponenten spielt auch die jeweilige Lebensdauer eine Rolle für die Ermittlung der TI-Pauschale. Die Pauschalen umfassen auch die Kosten für mobile Kartenterminals und TI-Messengerdienste.

Praxisindividuelle Berechnungen

Im Anschreiben an die KBV führt das BMG konkret auf, wie sich die künftige TI-Pauschale auf Praxen auswirken wird. Eine Arztpraxis mit bis zu drei Ärztinnen/Ärzten, deren TI-Erstausstattung vor 2021 erfolgte und die den Konnektor noch nicht getauscht hat, hat demnach Anspruch auf eine monatliche Pauschale von 237,78 Euro. Praxen, die zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 30. Juni 2023 bereits Kostenerstattungen für die technische Erstausstattung oder den Konnektorentausch erhalten haben, bekommen reduzierte TI-Pauschalen, deren Höhe auf 30 Monate festgelegt wird. Kürzungen gibt es außerdem, wenn eine Fachanwendung nicht vorgehalten wird. Sofern mehr als eine Fachanwendung nicht vorgehalten wird, erhält die Praxis keine Pauschale.

Zusammengefasst stellt sich das TI-Pauschalen-System so dar:

monatliche TI-Pauschale
≤ 3 Vertragsärztinnen/-ärzte*
> 3 bis ≤ 6 Vertragsärztinnen/-ärzte*
> 6 Vertragsärztinnen/-ärzte*
1
ohne Kürzung
237,78 €
282,78 €
323,90 €
2
bei Fehlen einer Anwendung
118,89 €
141,39 €
161,95 €
3
bei Erstausstattung / 01.01.21-30.06.23 für 30 Monate
131,67 €
143,29 €
151,04 €
4
bei Erstausstattung / 01.01.21-30.06.23 und Fehlen einer Anwendung
65,84 €
71,65 €
75,52 €
5
bei Konnektortausch zw. 01.01.21-30.06.23 für 30 Monate
199,45 €
242,78 €
282,23 €
6
bei Konnektortausch zw. 01.01.21-30.06.23 und Fehlen einer Anwendung
99,73 €
121,39 €
141,12 €
7
bei Fehlen von 2 oder mehr Anwendungen
keine Pauschale
keine Pauschale
keine Pauschale

* in Vollzeitäquivalenten

Die TI-Pauschale soll dynamisiert werden. Sie soll jährlich zum 1. Januar analog zur Steigerung des Punktwertes des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (Orientierungswert) angehoben werden.

Bestehende Ansprüche werden noch erfüllt

Alle bis einschließlich 30. Juni 2023 entstandenen Ansprüche auf Einmalpauschalen können noch bis zum 31. Dezember 2023 abgerechnet werden. Sie müssen bei der KV Nordrhein beantragt werden, zum Beispiel über das KVNO- oder das Antragsportal.

Für Anspruchsvoraussetzungen, die erst ab dem 1. Juli 2023 erfüllt werden, können keine Einmalpauschalen mehr erstattet werden.

„Auf den letzten Drücker“

Was das alles konkret für die Praxen der Vertragsärztinnen und -ärzte sowie der Psychotherapeutinnen und -therapeuten im Detail bedeutet, muss nun erst einmal bewertet werden. Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erklärte in einer ersten Reaktion auf die vom BMG festgelegten Pauschalen: Auf den sprichwörtlich letzten Drücker hat uns das Bundesgesundheitsministerium nun endlich seine Festlegungen zu den TI-Pauschalen geschickt. Und da fängt der Ärger bereits an: Nicht nur, dass wir kaum Zeit haben, die Festlegungen, die ja ab 1. Juli bereits gelten sollen, zu bewerten. Schlimmer ist, dass die Regelung schon auf Grund ihrer Kurzfristigkeit für die 17 Kassenärztlichen Vereinigungen, die das Ganze umsetzen müssen, unmöglich zu administrieren ist. Es gibt keine Übergangsfristen!"

Auch die KV Nordrhein kritisiert die Festlegungen durch das BMG: „Die Kurzfristigkeit, mit der die neuen TI-Finanzierungsregeln bekannt gegeben worden sind, spricht Bände. Sie zeigt einmal mehr die Ignoranz des Gesetzgebers gegenüber der Realität in der Selbstverwaltung und in den Praxen“, kommentiert Dr. med. Carsten König, stellvertretender KVNO-Vorstandsvorsitzender. „Die überproportional hohen Kürzungen der Pauschalen bei Fehlen von einzelnen Anwendungen sind nichts anderes als versteckte Sanktionen. Praxisinhaber müssen den Kopf hinhalten, wenn die Industrie Anwendungen nicht fristgerecht liefert. So schafft man keine Begeisterung für die Digitalisierung!“

Die KV Nordrhein wird Sie bei diesem Thema selbstverständlich auf dem Laufenden halten. Sobald die Details zur Umsetzung der neuen TI-Pauschale feststehen, informieren wir auch auf unserer TI-Sonderseite unter ti.kvno.de.