Letzte Änderung: 18.08.2023 13:40 Uhr Lesezeit: 3 Minuten

Krisentreffen in Berlin: KVen senden starkes Zeichen an Politik – „ein ‚Weiter-so‘ ist keine Option!“

Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte haben am heutigen Freitag in Berlin ein deutliches Zeichen gegen ein „Weiter-so“ in der ambulanten Versorgung gesetzt.

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© KVNO

Mehrere hundert Ärztinnen und Ärzte aus dem gesamten Bundesgebiet, darunter fast 50 aus dem Rheinland, haben sich entschieden dafür stark gemacht, dass die chronische Unterfinanzierung der ambulanten Versorgung dringend ein Ende finden muss. Sie sind damit dem gemeinsamen Aufruf der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder und zahlreichen ärztlichen Berufsverbänden gefolgt, um in der Bundeshauptstadt im Rahmen einer groß angelegten Krisensitzung gegen aktuelle Missstände in der Patientenversorgung zu protestieren. Hierzu zählen neben der massiven Unterfinanzierung des ambulanten Systems, der Fachkräftemangel im medizinischen Bereich und die Bevormundung der Haus- und Facharztpraxen bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO), fokussierte sich heute in Berlin auf das Thema Weiterbildung: „Die Praxen und das KV-System leisten an dieser Stelle eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sie in dem erforderlichen Umfang finanziell nicht mehr alleine stemmen können. Wir haben in den vergangenen fünf Jahren einen Zuwachs an Fördervolumen um fast 60% ermittelt. Das Gesamtbudget beträgt in Nordrhein aktuell über 56 Mio. Euro. Das sind Gelder, die die Ärzteschaft aus ihren erwirtschafteten Einnahmen bezahlt!

Der Bedarf an ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten wird in den nächsten 20 Jahren dramatisch hoch sein. Wenn das System hier adäquat mit finanzieller Förderung gegensteuern würde, müsste die Förderung rund 70 Millionen pro Jahr betragen. Das sind 14 Millionen Euro mehr als wir zurzeit pro Jahr aufwenden. Dies entspricht keiner soliden und gerechten Finanzierung der Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses. Wir brauchen hier wie bei Lehrern oder Juristen eine staatliche Finanzierung der Ausbildung. Wir sind nicht nur die einzigen Freiberufler, die die Kosten für die Sicherstellung der Versorgung selber zahlen müssen – wir sind auch die einzigen Freiberuflerinnen und Freiberufler, die regelhaft einen Rabatt auf ihre Vergütungen geben müssen.“

Weiter betonte Bergmann, dass die Weiterbildung der niedergelassenen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte ein immens wichtiger Baustein im Gesundheitssystem sei, der noch massiv unterschätzt werde: „Durch die, nicht zuletzt auch politisch gewollte, zunehmende Ambulantisierung wächst der Bedarf an ambulanter Weiterbildung in allen Fachgebieten. Die Krankenhäuser sind schon heute faktisch nicht mehr in der Lage, alle notwendigen Inhalte der ärztlichen Weiterbildung in allen Fachgruppen anzubieten und zu vermitteln, denn: Viele der entsprechenden Prozeduren finden gar nicht mehr stationär statt. Wesentliche Weiterbildungsinhalte können mithin nur noch ambulant vermittelt werden.“

Budgetierung ist längst überholtes „Relikt“

Auch für die Budgetierung ärztlicher Leistungen fand der KVNO-Chef deutliche Worte: „Allein in Nordrhein sind zwischen Frühjahr 2022 und 2023 rund 347 Millionen Euro an Vergütungen für die hiesigen Haus- und Fachärzte nicht ausgezahlt worden. Weil das Budget dafür nicht ausreicht – das entspricht rund 85 Millionen Euro pro Quartal. Diese Zahl macht fassungslos! Gleichzeitig müssen wir pro Quartal zusätzlich 14 Millionen Euro für die Finanzierung von Weiterbildung aufwenden – Geld, das ebenfalls für die Auszahlung der Honorare fehlt. Wir brauchen dieses Geld dringend für unsere Praxisteams und können nicht weiter aus eigenem Vermögen zuschießen. Das ist indiskutabel und nicht anständig!“, sagte Bergmann.  

Weltweit einmalige Versorgungsstrukturen

„Unsere ambulante flächendeckende wohnortnahe hausärztliche, fachärztliche und psychotherapeutische Versorgung ist weltweit einmalig. Damit diese Versorgung auch in Zukunft ohne Einschränkungen aufrechterhalten werden kann, müssen jetzt dringendst unsere Forderungen gehört und umgesetzt werden“, so Bergmann abschließend.

Kontakt

Christopher Schneider

KV Nordrhein
stellv. Pressesprecher

Telefon +49 211 5970 8280
E-Mail presse@kvno.de

Thomas Petersdorff

KV Nordrhein
Pressereferent

Telefon +49 211 5970 8109
E-Mail presse@kvno.de