12 Rezepte zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung
Auftrag: Kassenärztliche Vereinigungen sichern Versorgung!
Niedergelassene Hausärztinnen und Hausärzte, Fachärztinnen und Fachärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind die lokal verfügbaren und kompetenten Ansprechpersonen in ambulanten Gesundheitsfragen.
Aktiv gestalten: In der Vergangenheit hatten wir als Kassenärztliche Vereinigung überwiegend die gesetzliche Aufgabe, Überversorgung zu vermeiden. Demografischer Wandel, steigende Morbidität, medizinisch-technischer Fortschritt und der Wille zur Ambulantisierung haben einen Umbruch eingeläutet. Es ist unser Auftrag, diesen Herausforderungen zu begegnen und Versorgung nachhaltig und innovativ zu gestalten. Wir sind durch das Engagement der niedergelassenen Ärztinnen, Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten der einzige Akteur im Gesundheitswesen, der sowohl in städtischen als auch in ländlichen Regionen stets vor Ort die Sicherstellung der ambulanten Versorgung ermöglichen kann. Diese Verantwortung nehmen wir an und binden weitere Akteure partnerschaftlich ein.
12 Rezepte für die nächste Legislatur
Ambulante Versorgungsstrategie definieren
Zunächst ist gemeinsam und innerhalb der ersten 150 Tage der Legislatur eine ambulante Versorgungsstrategie zu definieren. Inhalte sind bundesweite Ziele und Maßnahmen zur Stärkung und Sicherstellung der ambulanten Versorgung für die kommenden Jahre. Alle zu beteiligenden Selbstverwaltungspartner werden zu Beginn der Legislatur in diesen Dialog integriert. Unser Zielbild von ambulanter Versorgung muss konkret und verlässlich formuliert werden, sodass sich Einzelmaßnahmen daran messen lassen können.
Die Grundlage für die Umsetzung einer ambulanten Versorgungsstrategie ist ein handlungsfähiges und starkes KV-System.
Für die Ausgestaltung der Versorgungsstrategie sollten dieses und die folgenden Rezepte als inhaltlicher Leitfaden berücksichtigt werden.
KURZ UND KNAPP: Die ambulante Versorgungsstrategie definiert gemeinsame Ziele und sorgt für langfristige Planbarkeit.
Sicherstellung als Aufgabe der KV
Im Rahmen der ambulanten Versorgungsstrategie sollten weitere konkrete Sicherstellungsmaßnahmen vorangebracht werden.
Vorgeschlagene Sicherstellungsmaßnahmen:
- Zukunftsfähiges Ausgestalten der Finanzierungsgrundlage des Strukturfonds, dazu nicht nur die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV), sondern auch die extrabudgetäre Gesamtvergütung (EGV) und volumenstarke Selektivverträge einbeziehen
- Etablieren von KV-Starterpraxen für gründungsinteressierte Nachwuchsmedizinerinnen und -mediziner zum erleichterten Einstieg in die Selbstständigkeit
- Bedarfsplanung weiterentwickeln und in Ballungszentren feinräumiger gestalten, um medizinischem Bedarf gerecht zu werden
- Förderung von Investitionen zur Errichtung fachübergreifender Gemeinschaftspraxen und ambulanter OP-Zentren sowie Betrieb durch bzw. in Kooperation mit der KV
- Förderung und vollständige Refinanzierung einer nicht kontingentierten ambulanten haus- und fachärztlichen Weiterbildung
- Regionale Unterstützung von Praxisnetzen für Ausbildung, Innovation und Gründungen von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ)
- Verbindliche Aufnahme von Inhalten zur ambulanten Versorgung und zu Möglichkeiten der Niederlassung in das Curriculum der Medizinstudierenden
- Breiterer Einsatz der Gruppen-Psychotherapie mit Vermittlung über die Terminservicestellen und zusätzliche niederschwellige Angebote wie z. B. zu Stressbewältigung und Resilienz
- Beratung der Kommunen durch die KV (u. a. mit Standortanalysen bei Gründung von kommunalem MVZ)
KURZ UND KNAPP: Finanzierungsgrundlagen für Sicherstellung stärken.
Steuerung als Aufgabe der KV
Zur flächendeckenden Sicherstellung der Versorgung sind die vorhandenen Ressourcen effizient einzusetzen. Dazu bedarf es einer weiteren Ausarbeitung der bestehenden und der Entwicklung neuer Konzepte zur Steuerung der Patientinnen und Patienten in die richtige Versorgungsebene.
Zunächst sollte Patientensteuerung im Notdienst für Akutfälle verbindlich implementiert werden (siehe Rezept 04). In einem nächsten Schritt können die Erfahrungen aus der Akutversorgung dann in Konzepte der flächendeckenden Regelversorgung übertragen werden.
Dazu gehört auch, dass der Hausarztvermittlungsfall und die Vermittlung von Terminen über die Terminservicestellen in noch größerem Umfang genutzt und ausgebaut werden müssen. Dafür bedarf es einer stabilen Gesetzeslage.
KURZ UND KNAPP: Verbindliche Patientensteuerung als notwendiges Mittel gegen übermäßige Inanspruchnahme ärztlicher Ressourcen.
Notdienststrukturen weiterentwickeln
Sowohl innerhalb als auch außerhalb der Sprechstundenzeiten gibt es das 24/7-Angebot der 116 117, digital und per Telefon. Sowohl die Terminservicestellen als auch der ärztliche Bereitschaftsdienst inklusive des Fahrdienstes außerhalb der Sprechstundenzeiten sind dabei durch die KV organisiert.
Um bei akuten Behandlungsanlässen insbesondere außerhalb der Praxis-Sprechstundenzeiten den bestmöglichen Versorgungspfad zu erreichen, wird eine konsequente Patientennavigation implementiert. Notfälle werden weiterhin über die 112 betreut, während akute Behandlungsanlässe, die ambulant versorgt werden können, über die 116 117 in die richtige Versorgungsebene gesteuert werden.
Die mit den Rettungsdiensten konsentierte strukturierte Notrufabfrage in Verbindung mit einer standardisierten Ersteinschätzung erlaubt es, Patientinnen und Patienten bestmöglich und ressourcenoptimiert zu versorgen. Hierzu müssen die im Bund festgelegten medizinischen Datenstandards gelten.
Dazu sind folgende Schritte notwendig:
- Ersteinschätzung insbesondere über digitale Angebote der Akutleitstellen (116 117 und 112 mit digitaler Vernetzung)
- Verbindliche Navigation in die richtige Versorgungsebene je nach Dringlichkeit
- Konsequenter Ausbau der Telemedizin im ärztlichen Bereitschaftsdienst nach dem Motto: So viel Videosprechstunden im ärztlichen Bereitschaftsdienst wie möglich und so wenig überflüssige Arztzeit im Auto und in der Praxis wie nötig
- Bevorzugung von Patientinnen und Patienten mit vorab erfolgter Ersteinschätzung bei gleicher Behandlungsdringlichkeit
- Förderung der Anschaffung von Diagnostik-Tools für zu Hause über Bonusprogramme der Krankenkassen und für Pflege- und Sozialeinrichtungen über Rahmenvereinbarungen
KURZ UND KNAPP: Verbindliche und konsequente Patientennavigation für akute Behandlungsanlässe.
Prävention und Gesundheitskompetenz jetzt
Die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung und der Ausbau von Präventionsmaßnahmen sind maßgebliche Bausteine zur Reduktion von Bagatellfällen, vermeidbaren Praxisbesuchen sowie zur Erreichung eines gesünderen Lebensstils. Wir unterstützen jegliche Angebote, die bereits im Kindes- und Jugendalter in Kindergärten und Schulen ansetzen.
Durch die Krankenkassen ist ein erweitertes Angebot an digitalen E-Learnings zur Verfügung zu stellen. Diese können einfach und niederschwellig in Anspruch genommen werden. Angebote zu folgenden Themen sind dabei besonders notwendig:
- Ernährungsberatung
- Hitzeschutz
- Bewegung und Sport
- Folgen von Alkohol-, Tabak- und Drogenkonsum
- Erstmaßnahmen in Akutfällen
- Verfügbare Impfangebote
- Vorsorgeleistungen
Denkbar ist dabei auch die Nutzung von interaktiven Dialogformaten unter Einsatz künstlicher Intelligenz, die Fragen auf Basis der vorgegebenen Inhalte beantworten kann.
Die Teilnahme ist über Bonusprogramme der Krankenkassen zu belohnen.
KURZ UND KNAPP: Gesundheitskompetenz hat oberste Priorität.
Ärztliche Versorgung für die Zukunft sichern
Neben dem Ausbau der Medizinstudienplätze in Deutschland gilt es, die praktische Studienzeit in der ambulanten Versorgung zu fördern. Dazu ist die Umsetzung der Reform des Medizinstudiums mit Anpassung der ärztlichen Approbationsordnung notwendig. Im Praktischen Jahr (PJ) ist ein ambulanter PJ-Abschnitt zum Kennenlernen des Praxisalltags zu definieren. Außerdem fordern wir die Umsetzung der „Fairen Bedingungen im PJ“ der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland.
Der Weiterbildungspfad für Ärztinnen und Ärzte ist bereits bei Tätigkeitsbeginn verbindlich im Rahmen einer strukturierten Verbund-Weiterbildung zu planen. Dabei ist die Möglichkeit der ambulanten fachärztlichen Weiterbildung auszubauen. Zudem sind attraktive Arbeitsbedingungen in der Weiterbildung auf Basis der Bedürfnisse der Ärztinnen und Ärzte, z. B. im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf umzusetzen.
Die ambulante Weiterbildung ist ausreichend zu refinanzieren. Dazu eignen sich die Erhöhung des Bundeszuschusses sowie EBM-Fallwertzuschläge für ausbildende Praxen, insbesondere für den fachärztlichen Bereich.
Zusätzlich ist das Verfahren zur Anerkennung von Approbationen aus Drittstaaten zu entbürokratisieren und zu beschleunigen. Erstens sollten Anerkennungen von bekannten Fakultäten in Drittstaaten nach erstmals positiv erfolgter Prüfung auf weitere Anträge bundesweit übertragen werden. Zweitens wird das ansonsten notwendige langwierige gutachterliche Verfahren abgelöst und durch eine mündlich-praktische Kenntnisprüfung als Standard ersetzt.
Bezogen auf das nichtärztliche medizinische Personal benötigen wir zudem schnellere Feststellungen der Gleichwertigkeit von Berufsabschlüssen: Nach einjähriger Praxistätigkeit ist bei Nachweis einer im Ausland erfolgten MFA-ähnlichen Ausbildung eine praktische Berufsanerkennung als MFA möglich.
KURZ UND KNAPP: Nachwuchsgewinnung und Weiterbildung sind die Schlüssel zur Sicherung unserer Versorgung.
Jede Leistung hat Bezahlung verdient
Die inhabergeführte Niederlassung sichert weiterhin flächendeckend die medizinische Versorgung. Dafür gilt es, die finanziellen Rahmenbedingungen zukunftsfähig aufzustellen. Die Auszahlungsquote von erbrachten Leistungen muss 100 % betragen! In Nordrhein liegt die Auszahlungsquote von MGV + EGV im Jahr 2023 für Hausärztinnen und Hausärzte bei 94,8 % und für Fachärztinnen und Fachärzte bei 89,6 %. Mit diesen Auszahlungsquoten liegt Nordrhein weit hinter den Quoten in anderen Bundesländern.
Das Prinzip „gleiches Geld für gleiche Leistung“ muss auch für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte in Nordrhein gelten. Wenn der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) tatsächlich die verbindliche Abrechnungsgrundlage darstellt, müssen Leistungen auch in voller Höhe des aufgeführten Wertes bezahlt werden.
Die Honorarsystematik der MGV und die damit verbundene Basis-Leistungsmenge ist eine Weiterentwicklung aus den 2000er-Jahren und richtet sich nicht nach dem tatsächlichen ambulanten Bedarf. Da es einer gesetzlichen Grundlage für eine Veränderung der Systematik bedarf, ist eine Reform dringend notwendig!
Die bereitgestellte MGV pro Versichertem darf sich nicht zwischen den Regionen unterscheiden. In Nordrhein ergibt sich durch den niedrigen Ausgangswert (5 % niedriger als der Bundesdurchschnitt) schon durch die jährliche Weiterentwicklung der Budgets ein rechnerischer Nachteil, der sich über die Jahre zu einem gravierenden Standortnachteil entwickelt.
Durchschn. MGV-Vergütung je Versichertem 2022:
Bayern 345 €
Nordrhein 330 €
Differenz 15 € pro Versichertem
Angenommene jährliche Steigerung der Budgets: 2 %
Prognostizierte durchschnittliche MGV-Vergütung je Versichertem 2030:
Bayern 404 €
Nordrhein 386 €
Differenz 19 € pro Versichertem
Zusätzlich entstehender Finanzierungsnachteil der ambulanten Versorgung in Nordrhein über den Zeitraum:
140.000.000 €
Wir benötigen eine Anhebung der Vergütung in Nordrhein, um 100 % auszahlen zu können. Die Vergütung je Bundesland darf nicht weiter auseinanderdriften.
Darüber hinaus sind die Regelungen zum Orientierungswert bzw. regionalen Punktwert so zu modernisieren, dass die Ungleichbehandlung zwischen der Vergütungssystematik im stationären und im vertragsärztlichen Bereich beendet wird. Dazu gehört vor allem die zeitnahe Berücksichtigung von Tarifsteigerung im ärztlichen Bereich nach dem Opportunitätskostenprinzip. Zudem müssen eine zeitnahe Berücksichtigung von steigenden nichtärztlichen Personalkosten und ein Inflationsausgleich ermöglicht werden.
KURZ UND KNAPP: Leistung muss fair und ausreichend vergütet werden.
Ambulant vor stationär
Ein zusätzlicher Themenfokus sollte die Ambulantisierung stationärer Leistungen, insbesondere der Ausbau des ambulanten Operierens, sein. Dazu ist Planungssicherheit in der Finanzierung zu schaffen. Es darf keinen Wettbewerb zwischen den Sektoren geben. Wann immer möglich, soll ein ambulanter Eingriff einem stationären zugunsten der Patientinnen und Patienten vorgezogen werden. Das benötigte Angebot ambulanter Operationen entsteht, wenn es auch fair finanziert wird.
Der Katalog der ambulant durchführbaren Operationen ist fortlaufend weiterzuentwickeln und um entsprechende Leistungen zu erweitern.
Die sektorengleiche Vergütung nach § 115f SGB V bietet grundsätzlich den richtigen Ansatz, muss aber dringend weiterentwickelt werden. Insbesondere muss der hohe Pauschalierungsgrad im Interesse eines effizienten Mitteleinsatzes und der Vermeidung von Rosinenpickerei drastisch reduziert werden. Zur Ermöglichung einer patientenindividuellen Medizin müssen Sachkosten und speziell Kosten für Implantate aufwandsbezogen erstattet werden. Grundsätzlich muss sich eine Anreizwirkung dauerhaft und verlässlich entfalten können, damit das Potenzial zur Ambulantisierung vollständig ausgeschöpft werden kann.
KURZ UND KNAPP: Ambulante Eingriffe sichern und ausbauen.
Mehr Zeit am Patienten
Zur bürokratischen Entlastung zählen die Beendigung der Regressproblematiken und die Begrenzung der Anfragen der Kostenträger, die zeitaufwendig beantwortet werden müssen. Jede Praxis verbringt aktuell mehr als einen Tag pro Woche mit bürokratischen Aufgaben!
Folglich fordern wir analog zur Krankenhausregelung die Einführung einer Strafgebühr für unbegründete Prüfanträge der Kostenträger. Schon heute lehnen wir rund 80 % aller Abrechnungsprüfungen der Krankenkassen aufgrund von Fehlern ab.
Zudem ist die strukturierte elektronische Beantwortung der Anfragen durch das Praxisverwaltungssystem und durch die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) durch die gematik perspektivisch zu ermöglichen. Dazu benötigt es einen einheitlichen Anfragestandard. Bei sonstigen Anfragen sind bereits erhobene Daten zu nutzen und nicht erneut abzufragen (z. B. Muster 52 – Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit).
Ein digitales Antrags- und Genehmigungsverfahren für genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen ist bis Ende 2026 flächendeckend über die TI zu installieren.
Der Datenaustausch zwischen Behörden wie den Ärztekammern, den KVen und den Bezirksregierungen ist zu ermöglichen. Dies erspart z. B. die mehrfache Vorlage der Approbationsurkunde bei den unterschiedlichen Behörden.
Auch wir als KV Nordrhein müssen die bürokratischen Lasten abseits der Patientinnen und Patienten für die Praxen und unsere Mitglieder reduzieren. Dazu schlagen wir die Überarbeitung der Ärzte-Zulassungsverordnung zur Vereinfachung und Beschleunigung von Zulassungsverfahren vor. Konkrete Vorschläge beinhalten Vereinfachungen bei der Vorlage von Dokumenten, wie z. B. die Akzeptanz der Vorlage eines Personalausweises anstatt einer Geburtsurkunde, oder den Wegfall erneut einzureichender Dokumente, die bereits in der Vergangenheit vorgelegt worden sind. Optimalerweise ist ein vollständig digitales Verfahren umzusetzen. Weitere konkrete Vorschläge liegen vor.
Hinsichtlich der Qualitätssicherung ist eine Vereinheitlichung von Stichprobenprüfungen auf 4 % sowie die Einstellung von langfristig unauffälligen Prüfungen zu fordern, wie z. B. die Konstanzprüfung der Bildqualität von Ultraschallgeräten.
KURZ UND KNAPP: Wertvolle Gesprächs- und Behandlungszeit schaffen.
Potenzial der Teampraxis nutzen
Wir benötigen ein Konzept, um mit der begrenzten Ressource der Arztzeit umzugehen. Dafür kann die Teampraxis mit den erforderlichen Delegationsoptionen ein geeignetes Konzept sein, mit dem die Versorgung auch in Zukunft verlässlich sichergestellt werden kann.
Die Behandlung innerhalb der Teampraxis erfolgt durch ein multiprofessionelles Team, das aus Ärztinnen, Ärzten und weiteren Gesundheitsberufen wie z. B. Physician Assistants (PA), nichtärztlicher Praxisassistenz (NäPA) und Medizinischen Fachangestellten (MFA) bestehen kann. Folglich entsteht mehr Behandlungszeit unter Involvierung aller Berufsgruppen im Behandlungspfad. Die jeweiligen Kompetenzen gilt es zu nutzen!
Für die Abrechnung der delegierten Tätigkeiten steht der Praxis-Patienten-Kontakt im Mittelpunkt und kann partiell um einzelne Leistungen ergänzt werden. Um Teampraxen zu implementieren, benötigt es folgende politische Unterstützungsmaßnahmen:
- Angemessene Finanzierung der Teamstrukturen
- Bundesweit einheitliche Curricula und Fortbildungsangebote für PA-Studiengänge
- Zusammenarbeit und Kennenlernen der Berufsgruppen bereits in den jeweiligen Ausbildungen und Studiengängen fördern
- Die ärztliche Gesamtverantwortung verbleibt stets bei der delegierenden Ärztin bzw. beim delegierenden Arzt
KURZ UND KNAPP: Im Team gelingt die Versorgung.
Digitale Fitness, um nah am Patienten zu sein
Vorteile der verfügbaren Technologien sind zu nutzen, um Ressourcen für die Patientenversorgung bereitstellen zu können. Dafür müssen diese funktionsfähig und interoperabel sein.
Deshalb benötigen wir einen Digitale-Fitness-Fonds für Praxen! Der digitale Reifegrad von Praxen soll messbar und konsequent verbessert werden. In diesem Zuge ist auch die Unterstützung von professionellen IT-Dienstleistern bei Umsetzungsvorhaben notwendig. Informationen zu performanten IT-Systemen sollten transparent verfügbar sein.
Folgende Maßnahmen zur Digitalisierung der Praxen sollten gefördert werden:
- Fortbildungsangebote zur Förderung der digitalen Kompetenz für Praxisteams
- Wechsel des Praxisverwaltungssystems
- Implementierungskosten für das Angebot telemedizinischer Leistungen
- Nutzen von Online-Services (z. B. Terminbuchung, Rezeptbestellungen)
- Umstellung auf interdisziplinäre elektronische Kommunikation
- Moderne Telefonanlagen inkl. digitaler Telefonassistenten
- Tools zur Dokumentationsentlastung
- Förderung von IT-Sicherheitsangeboten
- Leistungsfähigere Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI)
Zusätzlich gilt es, die elektronische Patientenakte durch die gematik in ihren Ausbaustufen zeitgerecht und anwenderfreundlich zu entwickeln, um ihre breite Nutzung voranzutreiben.
Ebenso ist die digitale Kommunikationsmöglichkeit für alle Akteure (u. a. Heilberufe, Rettungsdienst, Heimversorgung) im Gesundheitswesen über die TI bis Ende 2026 herzustellen.
Die strukturierte E-Überweisung ist ebenso bis Ende 2026 zu implementieren.
Im gleichen Zuge ist auch die digitale Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger durch öffentliche Angebote zu entwickeln.
Die Ausweitung von telemedizinischen Angeboten, wie z. B. einer Videosprechstunde, bleibt zentraler Bestandteil.
KURZ UND KNAPP: Digitalere Praxen mit funktionsfähiger Technologie steigern Versorgungsqualität und erleichtern die Arbeit.
Ambulante Abrechnung erfolgt effizient durch die KV
Die KV Nordrhein rechnet pro Quartal millionenfach Leistungen ab. Dies erfolgt mit einem Verwaltungskostensatz, der über Jahre stabil bei 2,8 % liegt. Die KV gewährleistet einen nachhaltig kosteneffizienten Abrechnungsprozess. Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren Abrechnungswege parallel zur KV ermöglicht.
Anders als private Abrechnungsdienstleister dienen die finanziellen Mittel aus den Verwaltungskostensätzen der KV auch zur Sicherstellung der Versorgung in ländlichen und strukturschwächeren Regionen. Jede Leistung, die nicht über die KV abgerechnet wird, schwächt daher die finanziellen Möglichkeiten zur Sicherstellung der Versorgung.
Daher fordern wir gemäß dem umfassenden Sicherstellungsauftrag auch einen umfassenden Abrechnungsauftrag: Die Abrechnung aller ambulant erbrachten Leistungen erfolgt über die KVen. Daraus frei werdende Gelder werden unmittelbar zur Sicherstellung eingesetzt.
KURZ UND KNAPP: KV erhält umfassenden Abrechnungsauftrag für ambulante Leistungen.
Agieren statt Reagieren
Die Organisation der Selbstverwaltung ist zu stärken. Die Bedeutung von (regionalen) Verhandlungen und effektiven Schiedsämtern ist gesetzlichen Vorgaben gegenüber zu priorisieren. Dies führt zu beschleunigten Lösungen gegenüber langwierigen Gesetzgebungen.
Im Zuge der nächsten Legislaturperiode fordern wir eine enge Beteiligung, um zukunftsweisende Veränderungen im ambulanten Sektor gemeinsam und erfolgreich umzusetzen.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und das KV-System sind Ihre kompetenten Ansprechpartner für die ambulante Versorgung.