MFA Letzte Änderung: 23.03.2022 12:05 Uhr Lesezeit: 6 Minuten
Kein Coronabonus für MFA in Sicht
Die Pandemie ist nicht nur für Krankenhäuser eine große Herausforderung, sondern auch für Arztpraxen.

Medizinische Fachangestellte (MFA) sind inzwischen am Limit. Unter hohem Infektionsrisiko übernehmen sie seit über zwei Jahren viele zusätzliche Aufgaben und tragen damit zum Erhalt der ambulanten Versorgung bei. Der Verband medizinischer Fachberufe fordert deshalb schon seit Längerem einen steuerfinanzierten Coronabonus – analog zur Pflege – auch für MFA. Doch die Hoffnung wird immer wieder getrübt.
Seit Beginn der Pandemie hat die Arbeitsbelastung von MFA enorm zugenommen. Neben alltäglichen Aufgaben wie Termine vereinbaren, Blut abnehmen, EKG anlegen oder den Ärzten bei der Behandlung assistieren, müssen MFA seit zwei Jahren auch immer wieder Patientenfragen zu Quarantäneregelungen und Nachweisen beantworten, Änderungen in der Teststrategie erklären oder über die Pandemie im Allgemeinen informieren. Zeit zum Verschnaufen bleibt da nicht.
„Seit gut einem Jahr spielen Praxen zudem eine wichtige Rolle im Rahmen der Impfkampagne gegen COVID-19“, sagt Hannelore König, Präsidentin vom Verband medizinischer Fachberufe. Um diese Mammutaufgabe zu bewältigen, machen MFA immer wieder Überstunden, impfen außerhalb der Sprechzeiten, oft sogar am Wochenende. Zunächst waren es Erst- und Zweitimpfungen, später Drittimpfungen. „Ohne MFA wären 30 Millionen Drittimpfungen in den Praxen gar nicht möglich gewesen“, sagt König. Und jetzt folgen die Viertimpfungen.
Viele Coronapatienten werden ambulant versorgt
Für das besondere Engagement von MFA in der Pandemie fordert der Verband mehr Wertschätzung und kämpft für einen steuerfinanzierten Coronabonus auch für das Praxispersonal. Denn 90 Prozent der Coronapatienten werden ambulant behandelt. „Für die Praxen ist die Pandemie durchgehend eine große Belastung. Wenn sich die Situation auf den Intensivstationen entspannt, sind die Praxen nach wie vor gefordert“, betont König.
Um die Bonusforderung zu unterstreichen, sucht der Verband immer wieder das Gespräch mit der Politik. Im Dezember und Januar gab es auch Demonstrationen in Berlin vor dem Brandenburger Tor. Unterstützung für die Forderungen erhält der Verband inzwischen auch aus der Ärzteschaft, etwa von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Hartmannbund.
Auch Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein, übte kürzlich scharfe Kritik am weiterhin ausbleibenden Bonus für MFA. Beim Coronabonus für Pflegekräfte sei die Rede von einem Bonus für herausragende Leistungen. Wie man in der Politik die Leistungen der Praxisteams in der Impfkampagne – und hier besonders auch der MFA – nicht als herausragend ansehen könne, erschließe sich ihm nicht, so Bergmann bei einer Pressekonferenz Anfang März.

Gesetzesentwurf berücksichtigt nur die Pflege
Bezüglich des Bonus sieht die Realität zurzeit aber eher schlecht aus für MFA. Ein aktueller Gesetzesentwurf der Ampel-Koalition sieht eine Milliarde Euro für den Coronabonus in der Pflege vor – MFA werden nicht erwähnt. Und es gibt eine weitere Enttäuschung: Coronaprämien, die Ärzte ihren MFA freiwillig auszahlen können, müssen ab April versteuert werden.
Die Befreiung von Einkommenssteuer und Sozialversicherungsabgaben auf freiwillige Coronazulagen der Ärzte an ihre MFA wurde 2020 erstmals eingeführt und zweimal verlängert. Ende März läuft diese Regelung aus. Eine Verlängerung soll es nicht geben, teilte das Bundesfinanzministerium kürzlich mit.
Viele MFA denken über Ausstieg nach
„Aufgrund der weiter anhaltenden Arbeitsbelastung und fehlenden Wertschätzung – nicht nur in finanzieller Form – denken inzwischen immer mehr MFA ernsthaft über einen Berufswechsel nach" sagt Hannelore König. "Bei unserer jüngsten Online-Umfrage im Februar gaben 46 Prozent der teilnehmenden MFA an, mindestens mehrmals im Monat an einen Ausstieg aus dem Beruf gedacht zu haben. Vor der Pandemie waren es nur 22 Prozent“, so die Verbandspräsidentin weiter. Das ist bitter, denn die Situation in den Praxen ist ohnehin schon angespannt. Grund: MFA verdienen im Vergleich zu anderen Berufen im Gesundheitswesen deutlich weniger, qualifiziertes Personal wandert immer öfter ab, etwa in Kliniken oder andere Einrichtungen, die besser bezahlen.
Aufgrund der einrichtungsbezogenen Impfpflicht seit Mitte März könnte sich die Situation – zumindest in einigen Regionen – weiter verschärfen. Denn die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt nicht nur für Mitarbeitende in Alten- und Pflegeheimen, sondern auch für Praxispersonal. Wer nicht gegen COVID-19 geimpft ist, dem droht künftig ein Beschäftigungsverbot. Für die verbleibenden MFA heißt das: Noch mehr Stress, weil sie die Arbeit der ausfallenden Kollegen auffangen müssen.
Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland hat zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht kürzlich eine Blitzumfrage gestartet. Dieser Umfrage zufolge ist zumindest in Nordrhein nicht mit spürbaren Beeinträchtigungen für die Praxisteams und Patienten zu rechnen. Hier sei die Impfquote – auch unter den MFA – sehr hoch. Es gebe aber auch Regionen mit einer niedrigeren Impfquote beim Praxispersonal – Schlusslicht sei Thüringen mit rund 75 Prozent. Das könnte negative Auswirkungen auf die ambulante Versorgung haben.
Weitere Aktionen angekündigt
Die Gespräche und Forderungen des Verbands medizinischer Fachberufe werden weitergehen. Das bekräftigt Hannelore König. Immerhin gebe es aufgrund der zahlreichen Proteste Diskussionen, so König weiter. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat jüngst ein COVID-Bonussystem für Arztpraxen ins Gespräch gebracht. Das steckt aber noch in den Kinderschuhen. Welche Praxen davon profitieren könnten und ob MFA darin überhaupt eingebunden werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar.
- Simone Heimann
Stimmen aus der Praxis
Nicht realisierbare Terminwünsche, Impfstoffmangel und längere Wartezeiten als gewohnt – der Frust von Patienten in der Pandemie entlädt sich meistens direkt am Empfang – eine zusätzliche Belastung für das Praxispersonal. Das spiegelt sich auch auf unserer Facebook-Seite MFA vernetzt wider. Hier einige Stimmen aus der Praxis:
„Es wird immer mehr abverlangt und schlecht bezahlt. Hinzu kommen aber auch die Patienten, die uns MFA immer öfter schlecht behandeln oder sich gar nicht bewusst sind, was wir in einer Praxis leisten müssen, auch außerhalb der Sprechzeiten.“ (…)
„Der Beruf ist seit Corona nicht mehr attraktiv.“
„Die Anforderungen und das Stresslevel steigen. Es wird nur erwartet, erwartet, erwartet. Sowohl von den Chefs als auch von den Patienten. Wertschätzung gleich Null. Einfach ein sehr undankbarer Job.“ (…)
„Ich bin 60 Jahre alt und habe meinen Beruf immer sehr gern gemacht und zeige viel Einsatz, aber seit einigen Jahren fühle ich mich zunehmend ausgebrannt, der Diskussionen müde über Tarifgehalt, Arbeitsbelastung, anstrengende Patienten etc. Wir sind ein gutes Team, aber untereinander merken wir die Belastungen immer mehr und sind deutlich gereizter miteinander.“
„Ich habe immer super gern als MFA gearbeitet! (…) Aber seit Corona aufkam, kam gefühlt jede Woche eine neue Änderung. Dazu kommt, dass die Patienten immer unfreundlicher werden und uns MFA stellenweise wie Fußabtreter behandeln.“