Veranstaltung KVNO aktuell Letzte Änderung: 30.05.2025 13:20 Uhr Lesezeit: 2 Minuten

Gesundheitspolitik: Ambulante Versorgung - worauf es jetzt ankommt

Der Wandel ist in vollem Gange. Nicht nur im Krankenhausbereich, sondern auch in der ambulanten Versorgung.

data-gallery-buttons="["zoom","fullScreen","download","close"]"
© KV Nordrhein | Guido Schiefer

Dort sind wegen der Grundsätze der freien Niederlassung und Arztwahl Strukturreformen aber wesentlich komplexer als in Kliniken“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann beim Gesundheitskongress des Westens, der am 14. und 15. Mai 2025 im Kölner Gürzenich stattfand.

Die wachsende Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte mache eine bessere Steuerung von Behandlungswegen notwendig. Gesundheitsminister Laumann sieht sie in der primärärztlichen Versorgung. „Das ist keine Einschränkung der freien Arztwahl, sondern das Zugangstor zu einer bestimmten Facharztrichtung.“ Was zu einer erfolgreichen Steuerung noch gehöre: Digitalisierung und Telemedizin. Laumann lobte hier das KVNO-Angebot von Videosprechstunden im Notdienst: „Die Hälfte der Patienten kann hier bereits abschließend behandelt werden und taucht dadurch in keiner Notdienstpraxis mehr auf.“

Erfolgsmodell Notdienst

„Wir haben die 116 117 vom Kopf auf die Füße gestellt. Heute ist sie eine zentrale Anlaufstelle für über eine Million Menschen im Rheinland“, berichtete Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein, im Expertenpanel zur Patientensteuerung. Das Ersteinschätzungstool SmED habe sich bewährt. Durch gezielte Fragen unterstützt die Software bei der Entscheidung, wo ein Patient am besten aufgehoben ist – in der Klinik, im Notdienst oder doch in der örtlichen Haus- oder Facharztpraxis. Vielleicht reicht aber bereits eine telemedizinische Behandlung aus. Bergmann: „Die Videosprechstunde über die 116 117 ist heute fester Bestandteil in der Notdienstversorgung. Sie ist sehr erfolgreich dabei, Symptome abzuklären und erste Maßnahmen zu besprechen.“

Davon profitieren außer den Notdienstpraxen vor allem die Kliniken – zunehmend aber auch der Rettungsdienst, bei dem die KVNO seit 2024 die digitale Fallübergabe pilotiert. Erste Leitstellen sind bereits an die 116 117 angeschlossen, sodass Patientendaten schnell ausgetauscht werden können. „Das ist ein wichtiger Schritt im Ausbau der sektorenübergreifenden Versorgung und zeigt, wie Steuerung funktionieren kann“, so der KVNO-Chef. Er betonte jedoch, dass es dringend mehr Verbindlichkeit bedürfe, damit die Patientinnen und Patienten die richtigen medizinischen Angebote erhielten.

Gesundheitskongress des Westens, Publikum
© KV Nordrhein | Guido Schiefer

Impulse für die Regelversorgung

Lassen sich die Erkenntnisse aus dem Notdienst auf die Versorgung in den Sprechstundenzeiten übertragen? Nur bedingt, meint Bergmann mit Blick auf die viel zu hohe Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte. Für ihn können Hausärztinnen und -ärzte eine wichtige Rolle dabei einnehmen, Patienten durch das Gesundheitssystem zu lotsen. Als erste Anlaufstelle übernehmen sie die Koordination und können überflüssige Besuche beim Spezialisten vermeiden.

Ein Allheilmittel sei auch ein solches Modell nicht. „200 Millionen Fälle kommen jedes Jahr als Akutfälle ins System. Wenn die alle zuerst in die Hausarztpraxis gehen, sind das 500 bis 1.000 Fälle zusätzlich pro Arzt“, so Bergmann. Angesichts der heute schon fehlenden Hausärzte in manchen Regionen könne das „nicht die Lösung sein“. Darum brauche es hier eine Ausweitung der Facharztgruppen, die als Bezugsärzte bei bestimmten chronischen Erkrankungen auch in Betracht kommen können.

Ein starrer Ansatz reicht nach Überzeugung Bergmanns nicht aus. Statt sich nur auf ein Modell zu konzentrieren, brauche es ein ganzes Bündel an Maßnahmen – angefangen bei der Digitalisierung, die zum Beispiel durch Telemedizin oder Online-Terminbuchung Praxen und deren Teams entlaste. Gleiches gelte für die elektronische Patientenakte (ePA), die künftig alle relevanten Patientendaten bereitstellt. „Wir brauchen noch mehr interprofessionelle Zusammenarbeit. Vielversprechend sind die Teampraxen, in denen Ärzte, PA und MFA Hand in Hand arbeiten“, so der KVNO-Chef.

Voraussetzungen für die Praxis von morgen

„Gute Versorgung braucht viele Schultern“, betonte KVNO-Vize Dr. med. Carsten König. In Nordrhein habe man sich bereits auf den Weg gemacht und für 2025 ein Pilotprojekt aufgesetzt, das den Einsatz von PA in Praxen fördert. Langfristig sollen kooperative Behandlungspfade entstehen. Dafür brauche es verlässliche Rahmenbedingungen: „Wenn wir PA in die Praxen bringen wollen, müssen wir wissen, wie wir sie finanzieren; auch bei den qualitativen Voraussetzungen an die Ausbildung von PA sind klare Regelungen unerlässlich“, forderte König im Panel zur Teamarbeit.

Moderne Prozesse schaffen Zeit für das Wesentliche: die Patientinnen und Patienten. Besonders im Team entfalten digitale Lösungen dabei ihre volle Wirkung und machen Versorgungsprozesse effizienter, so König. Die KVNO setzt sich für gezielte Unterstützung der Praxen ein – und fordert einen Digitale-Fitness-Fonds: „Ein solcher Fonds kann den technologischen Reifegrad von Praxen steigern und dabei helfen, Mitarbeitende gezielt zu schulen“, betonte KVNO-Vize König. „Damit könnten wir einen wichtigen Beitrag für die Arztpraxis von morgen leisten – digital, vernetzt und teamorientiert.“       

  • Thomas Petersdorff