KVNO aktuell Letzte Änderung: 19.05.2023 00:00 Uhr Lesezeit: 3 Minuten

Cannabis: Erfahrungen aus Kanada und den USA

Die Schweiz hatte 2021 ein Gesetz verabschiedet, das die Erprobung der Legalisierung von Cannabis in Pilotprojekten ermöglicht. Dafür wurden Bürgerinnen und Bürger zwischen 18 und 76 Jahren mit unterschiedlichem Konsumtyp ausgewählt. Die Abgabe erfolgt über die Apotheken. Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet.

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© Oleksandrum | Adobe Stock

Zum Start der Pilotprojekte hatte die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) Daten aus Kanada sowie aus vier der 17 US-Staaten ausgewertet, die den Genuss von Cannabis bereits legalisiert haben, und damit gängige Thesen überprüft. Eine Auswahl:

These 1: Nach der Legalisierung steigt der Konsum von Cannabis. Sowohl in den USA als auch in Kanada stieg der Konsum nach der Freigabe an, in Kanada um rund fünf Prozent innerhalb von zwei Jahren. Überraschenderweise zählten dort besonders Über-65-Jährige zu den Neukonsumenten.

These 2: Legalisierung ermöglicht einen besseren Jugendschutz. In Kanada hat der Konsum bei Jugendlichen seit der Legalisierung stark zugenommen. Die Hälfte der jungen Erwachsenen unter 25 Jahre gab an, mindestens einmal pro Jahr Cannabis zu konsumieren, zehn Prozent tun dies täglich. Die meisten hatten aber auch vor der Legalisierung bereits Cannabis geraucht. Es sei also kein „neuer Markt“ entstanden. Während Kanada den Konsum mit mehr Aufklärung über die Gefahren begleitet, wird in den USA der Jugendschutz durch Werbung für Cannabisprodukte erschwert.

These 3: Cannabis ist eine Einstiegsdroge und schadet der Volksgesundheit. Die Daten aus den vier US-Gliedstaaten lassen keinen klaren Zusammenhang zwischen der Legalisierung und der Entwicklung des Konsums erkennen. Es ist in der Wissenschaft aber anerkannt, dass sich der Körper an den Konsum gewöhnen kann. Nachgewiesen ist auch, dass der Wirkstoff Tetrahydrogencannabinol (THC) die Nervenzellen im Gehirn beeinflusst und es bei intensivem Konsum zu verminderter Leistungs- und Lernfähigkeit kommen kann. Eine über 40 Jahre angelegte Studie unter anderem der Universität Lausanne zeigt, dass Cannabis-Konsumenten ein um 37 Prozent höheres Risiko haben, an Schizophrenie zu erkranken.

These 4: Legalisierung entzieht dem Schwarzmarkt den Boden. Zumindest zu Anfang war dies in Kanada nicht der Fall. Grund waren Lieferschwierigkeiten und die langsame Vergabe von Lizenzen. Nach zwei Jahren überholte der legale Handel den Schwarzmarkt, wobei Angaben der Händler für illegales Cannabis mit Vorsicht zu betrachten sind. Als Gründe für den Kauf illegaler Produkte wurden niedrigere Preise und eine größere Auswahl ausgemacht. Die Legalisierung hat den Schwarzmarkt aber nicht verdrängt.

Als Fazit stellt die NZZ nach Auswertung der Daten fest: Der Konsum von Cannabis und dessen Konsequenzen für die Gesellschaft werde durch viele Faktoren beeinflusst, auch durch das Gesundheits- und Bildungssystem. Ob die potenziellen Gefahren oder die Chancen einer Legalisierung überwiegen, lasse sich kaum objektiv klären.
Fakt ist aber auch: Cannabis erhöht das Risiko für psychische Erkrankungen. Eine groß angelegte Studie an elf verschiedenen Orten in Europa und in Brasilien förderte zutage, dass Konsumenten, die täglich Cannabis zu sich nehmen, dreimal häufiger an Psychosen erkranken als Nichtkonsumenten. Die Dosis macht das Gift: Würde hochpotenter Cannabis mit einem THC-Gehalt von über zehn Prozent vom Markt verschwinden, könnten zwölf Prozent der Neuerkrankungen an Psychosen vermieden werden.

 

Quellen:
Neue Zürcher Zeitung: Löst eine Cannabislegalisierung neue Suchtdramen oder eine Goldgräberstimmung aus? Was die Schweizer Drogenpolitik von Kanada und den USA lernen kann (Onlinebeitrag vom 29.06.2021, abgerufen am 27.04.2023: www.nzz.ch/schweiz/was-die-cannabis-legalisierung-bewirken-wuerde-der-faktencheck-ld.1623665)
Science-Media-Center: Cannabis und Psychosen – weitere Evidenz für Zusammenhang (online abgerufen am 27.04.2023: www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/research-in-context/details/news/cannabis-und-psychosen-weitere-evidenz-fuer-zusammenhang)