KVNO aktuell Letzte Änderung: 08.11.2022 16:53 Uhr

GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: Bundestag schafft Neupatientenregelung ab

Nun ist es beschlossene Sache: Der Bundestag hat mit der Verabschiedung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) auch den Wegfall der Neupatientenregelung beschlossen – ein Schlag ins Gesicht für die Vertragsärzteschaft. Die entstehende Finanzierungslücke will die Ampelkoalition durch Zuschläge für eine schnelle Terminvermittlung kompensieren.

Alles Aufbegehren der Vertragsärzteschaft führte nicht zum erhofften Erfolg: Die Neupatientenregelung wird zum 1. Januar 2023 gekippt. Darüber hatte der Bundestag am 20. Oktober 2022 mit der Verabschiedung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) entschieden. „Was die Politik da gerade betreibt, ist mehr als ein Affront, es ist ein Schlag ins Genick der Ärzteschaft, die das Rückgrat der ambulanten Versorgung bildet. Die sture Ignoranz unserer eindringlichen Appelle und Argumente, was die zu erwartenden Auswirkungen dieser Entscheidung angeht, lässt für die Zukunft nichts Gutes ahnen. Anstatt die Niedergelassenen finanziell zu entlasten – was vor dem Hintergrund der steigenden Energiekosten und der anhaltend hohen Inflation noch dringender nötig ist –, werden ihnen Mittel gekürzt. Das bedeutet schlussendlich Leistungskürzungen für die Patientinnen und Patienten - entgegen aller Versprechungen der Bundesregierung“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KV Nordrhein, Dr. med. Frank Bergmann.

Die Neupatientenregelung war erst vor drei Jahren mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführt worden, damit Patientinnen und Patienten schneller einen Termin bekommen. Den Wegfall will die Ampelkoalition mit einer Anpassung der bisherigen Zuschläge für eine schnelle Terminvermittlung ausgleichen: So sollen die bisherigen Zuschläge für Ärztinnen und Ärzte für Patientinnen und Patienten, die über die Terminservicestelle (TSS) vermittelt werden, signifikant erhöht werden. Zusätzlich sind diese Zuschläge zukünftig auch bei der Terminvermittlung durch einen Hausarzt für den Facharzt abrechnungsfähig.

Das vermeintliche Zugeständnis seitens der Politik wird die Streichung der Neupatientenregelung in Kombination mit der Beschränkung der Finanzierung der offenen Sprechstunde jedoch kaum kompensieren können. Untersuchungen und Behandlungen, die im Rahmen der offenen Sprechstunde erbracht werden, unterliegen weiterhin einer Beschränkung. Sofern die abgerechnete Leistungsmenge einer Arztgruppe um mehr als drei Prozent steigt, muss ein Teil der Gelder für die offene Sprechstunde aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung genommen werden. Die offene Sprechstunde soll zudem bis 2024 evaluiert werden. Dann droht auch an diesem Punkt eine Streichung der Regelung.

Um die Finanzlücke bei den gesetzlichen Krankenversicherungen zu schließen, soll es auch für Versicherte ab 2023 teurer werden: durch eine Erhöhung des Zusatzbeitrags um 0,3 Prozentpunkte. Der Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds wird um zwei auf 16,5 Milliarden Euro erhöht.

  • Jana Meyer
Terminvermittlung: Zuschläge ab 1. Januar 2023

Die extrabudgetäre Vergütung vertragsärztlicher Leistungen bei der Behandlung von Neupatientinnen und Neupatienten wird mit Einführung des GKV-FinStG abgeschafft. Stattdessen werden ab Januar 2023 die extrabudgetären Zuschläge auf die Versicherten- beziehungsweise Grundpauschale für Patientinnen und Patienten erhöht, die von der Terminservicestelle (TSS) an eine hausärztliche oder fachärztliche Praxis verwiesen worden sind. Die Zuschläge sind gestaffelt:

  • 200 Prozent Zuschlag bei Akutbehandlung am nächsten Kalendertag nach Kontaktvermittlung durch die TSS
  • 100 Prozent Zuschlag bei Behandlung bis spätestens am vierten Tag nach Terminvermittlung
  • 80 Prozent Zuschlag bei Behandlung bis spätestens am 14. Tag nach Terminvermittlung
  • 40 Prozent Zuschlag bei Behandlung bis spätestens am 35. Tag nach Terminvermittlung
Neu aufgenommen: Vermittlung eines Termins bei Fachärztinnen/-ärzten durch Hausärztinnen/-ärzte

Fachärztinnen und -ärzte können die Zuschläge (mit Ausnahme des Zuschlags im Akutfall) auch dann abrechnen, wenn der Termin durch einen Hausarzt oder eine Hausärztin vermittelt wurde. Die Behandlung wird weiterhin extrabudgetär und damit in voller Höhe vergütet. Hausärztinnen und -ärzte erhalten für die zeitnahe Vermittlung des Termins beim Facharzt beziehungsweise bei der Fachärztin 15 statt wie bislang zehn Euro. Die Wirkung der Zuschläge soll halbjährlich evaluiert werden.

Offene Sprechstunde ab sofort kennzeichnen

Durch den Wegfall der Neupatientenregelung ist es ab sofort notwendig, auch die Neupatientinnen und -patienten, die in der offenen Sprechstunde behandelt werden, als offene Sprechstunde zu kennzeichnen. Insgesamt können in der offenen Sprechstunde bis 17,5 Prozent der Fälle einer Praxis pro Quartal behandelt und abgerechnet werden. Nach den Zahlen der KV Nordrhein schöpfen diese Quote lediglich zehn Prozent der Praxen aus. Über 40 Prozent der Praxen nutzen diese Möglichkeit gar nicht oder nur geringfügig und nehmen einen Honorarverlust in Kauf.