Letzte Änderung: 24.03.2023 19:50 Uhr

KVNO-Vertreterversammlung forciert Nachwuchsgewinnung in der Vertragsärzteschaft und fordert kostendeckende Finanzierung der Praxen

Am heutigen Freitag hat die erste Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) im Jahr 2023 stattgefunden.

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© KV Nordrhein

Es war gleichzeitig auch die erste Sitzung der 16. Wahlperiode, was Dr. med. Frank Bergmann, KVNO-Vorstandsvorsitzender, zum Anlass für einen Ausblick auf die neue Amtszeit nutzte: „Ob bei den Themen Reform der ambulanten Notfallversorgung, Entbudgetierung oder Digitalisierung – die Zeiten werden herausfordernd“, konstatierte der KVNO-Chef.

Steigende Kosten für Praxen müssen zeitnah gedeckt werden

Dringenden Handlungsbedarf sieht Bergmann mit Blick auf die dauerhafte Unterfinanzierung des ambulanten Versorgungssystems: „Das Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung (Zi) hat ausgerechnet, dass jede Praxis zurzeit im Schnitt 76 Euro pro Tag verliert! Ein Grund dafür ist der allgemeine Preisanstieg von 8,7 Prozent im Land. In unseren Praxen liegt die Höhe der Aufwendungen im Normalfall sogar noch deutlich höher. Durch die vereinbarten Honorarsteigerungen können hiervon aber gerade einmal zwei Prozent abgefedert werden. Das reicht nicht einmal, um die gestiegenen Personalkosten auszugleichen – das kann und darf so auf keinen Fall bleiben!“, sagte der KVNO-Vorstandsvorsitzende.

Laut Bergmann braucht es auf längere Sicht einen verbindlichen Plan, über den die strukturelle Unterfinanzierung der niedergelassenen Vertragsärzteschaft in Höhe von rund acht Milliarden Euro ausgeglichen wird – nur so könne auch die Versorgung der Patientinnen und Patienten nachhaltig gesichert werden. Das Geld dafür könne u.a. über die Reserven der Krankenkassen und den Gesundheitsfonds aufgebracht werden.  

Ressourcengerechte Notdienst-Strukturen erforderlich

Bei den jüngsten Ideen des Gesetzgebers zur Reform der Notfallversorgung sind aus Sicht des KVNO-Vorstands einige Punkte nicht zu Ende gedacht – etwa der Ausbau des Notdienstes zu einem 24/7-Angebot. Niedergelassene könnten nicht gleichzeitig in ihren Praxen und im Bereitschaftsdienst arbeiten: „Im künftigen Notdienst brauchen wir einen ressourcengerechten Einsatz von Ärztinnen und Ärzten sowie auch von Medizinischen Fachangestellten“, betonte Bergmann. Für eine tragfähige Reform müsse vorrangig die Finanzierungsfrage, z. B. über entsprechende Vorhaltekosten, geklärt werden. Gleichzeitig dürften bereits existierende und bewährte Konzepte, wie die Portalpraxen der KVNO an/in zahlreichen rheinischen Kliniken, nicht zerschlagen werden.

Weiteres Thema im Vorstandsbericht war die Digitalisierungsstrategie des Bundesgesetzgebers, die bis 2025 etwa die elektronische Patientenakte (ePA) und die digitale Medikationsübersicht breiter ausrollen will. Entscheidend für die Praxen wird sein, die ePA im Alltag leicht befüllen und störungsfrei ins PVS-System integrieren zu können. Für die Erstbefüllung und Folgebearbeitung sei zudem eine angemessene Vergütung unstrittig. „Bei der ePA sind noch zu viele Fragen ungeklärt, was z. B. den Nutzen und die Risiken angeht. Hier brauchen wir schnell Klarheit, wenn die ePA bis 2025 flächendeckend umgesetzt werden soll“, hielt der KVNO-Chef fest.

Stärkere Förderung von Nachwuchsgewinnung und Praxisnetzen

Keinen zeitlichen Aufschub sieht der KVNO-Vorstand auch beim Thema Sicherstellung. Hier mache es vor allem das bevorstehende sukzessive Ausscheiden der ärztlichen Baby-Boomer-Generation erforderlich, zügig innovative und progressive Konzepte zu entwickeln, um den Versorgungsansprüchen gerecht werden zu können. „Als bewährtes Instrument, um Engpässe frühzeitig zu erkennen und passgenaue Versorgungslösungen zu finden, hat sich unser Strukturfonds bewährt. Diesen von der niedergelassenen Vertragsärzteschaft mitfinanzierten ‚Werkzeugkoffer‘ wollen und werden wir weiter ausbauen“, kündigte Dr. med. Carsten König, stellvertretender KVNO-Vorsitzender an.

So werden künftig zusätzliche finanzielle Mittel für die Nachwuchsförderung an den nordrheinischen Medizinfakultäten zur Verfügung gestellt. Die KVNO beteiligt sich im Rahmen der Initiative Deutschlandstipendium. Außerdem sollen Workshops mit den Fachschaften angeboten werden, um schon frühzeitig bei Medizinstudierenden für die Tätigkeit im ambulanten Bereich zu werben.

Darüber hinaus wird die Förderung von anerkannten Praxisnetzen ausgebaut. „Vernetzte Strukturen tragen erheblich zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung bei. Wir wollen diese Strukturen nutzen, um gemeinsam innovative Versorgungskonzepte zu erproben. Dafür möchten wir zeitnah einen Ideenwettbewerb initiieren“, sagte der KVNO-Vize. Den entsprechenden Anträgen des Vorstands und des Hauptausschusses zur Anpassung der Sicherstellungsrichtlinie folgte die VV jeweils mit großer Mehrheit.

Zentrales PVS für alle Notdienstpraxen

Mit Blick auf die künftige Abrechnung und Dokumentation von Notdienst-Leistungen in Nordrhein sollten bis Mitte 2024 alle nordrheinischen Notdienstpraxen über ein zentrales Praxisverwaltungssystem (PVS) verfügen. Dies bietet deutliche Vorteile – etwa der Datensicherheit, der Wirtschaftlichkeit und des Service-Supports. Der entsprechende PVS-Rollout soll stufenweise angegangen werden, zunächst an acht Standorten – darunter Düsseldorf, Köln, Dormagen und Viersen. Danach folgen 17 weitere Notdienstpraxen voraussichtlich bis zum 1. Juli dieses Jahres.

Kölner Neubau auf der Zielgeraden

Gute Nachrichten gab es schließlich noch zum Bau des neuen KVNO-Standorts am Butzweilerhof im Stadtteil Köln-Ossendorf: Inzwischen befinde man sich auf der Zielgeraden, sodass der Umzug der Mitarbeitenden planmäßig im Mai anstehe. Derzeit würden letzte Innenarbeiten und Feininstallationen durchgeführt, darunter neben einer „Lehrpraxis“ auch die Praxis4future – hier haben künftig Praxisteams aus ganz Nordrhein die Möglichkeit, sich ein Bild davon zu machen, wie digitale Anwendungen den Praxisalltag konkret erleichtern und ergänzen können.

Kontakt

Christopher Schneider

KV Nordrhein
stellv. Pressesprecher

Telefon +49 211 5970 8280
E-Mail presse@kvno.de

Thomas Petersdorff

KV Nordrhein
Pressereferent

Telefon +49 211 5970 8109
E-Mail presse@kvno.de